Vergemeinschaftung und Gemeinschaft. 225 aängen zugehörig geworden wäre. Fragen wir aber, unter welchen Bedingungen ein bisher „einsames“, d. h. nur einer Seele zugehöriges Seelisches „gemeinschaftlich“, d. h. auch anderer Seele zugehörig werden kann, so ergibt sich, daß jenes Seelische anderer Seele ent- weder durch ein Wirken zugehörig wird, welches überhaupt kein tätiges Wirken oder kein tätiges Wirken, mit welchem auf Gemein- schaft gezielt wird, darstellt, oder aber dureh ein tätiges Wirken, mit welchem auf Gemeinschaft gezielt wird, so daß wir „zufällige Ge- meinschaft“ von „absichtlicher Gemeinschaft“ unterscheiden müssen. Eine „absichtliche Gemeinschaft“ kann wieder entweder eine „extern absichtliche Gemeinschaft“ oder eine „intern ab- Sichtliche Gemeinschaft“ sein. Im ersteren Falle hat jemand darauf gezielt, ein besonderes Seelisches, welches einer anderen Seele bereits. zugehörig ist, einer dritten Seele zugehörig zu machen, d. h. er hat auf eine „externe Gemeinschaft“ gezielt, im letzteren Falle hat jemand darauf gezielt, ein ihm selbst bereits zugehöriges Seelisches einer anderen Seele zugehörig zu machen, d. h. er hat auf eine „in- terne Gemeinschaft“ gezielt. Unzutreffend ist es also, „Gemein- schaft“ anderer Seelenbeziehung, insbesondere der „Gesellschaft“, als ein „Ursprüngliches“, „Nicht-Gemachtes“ dem „Künstlichen“, „Gemachten“ gegenüberzustellen, denn „Gemeinschaft“ besonderer Seelen ist selbst in zahllosen Fällen „künstlich“, „gemacht“, nämlich „absichtliche Gemein- schaft“, Jene Entgegensetzung von „Gemeinschaft‘‘ und ‚Gesellschaft‘ ist aber doch insofern nicht ganz unzutreffend, als es eben „ursprüng- liche“ Gemeinschaften als „zufällige Gemeinschaften‘ gibt, während es, wie sich noch zeigen wird, „zufällige Gesellschaft‘ nicht geben kann. Neben dem Worte ‚„Gemeinschaft‘‘ findet sich auch sehr häufig das allerdings vieldeutige Wort „Genossenschaft“. Insofern das Wort „Ge- Nlossenschaft‘“ mit dem Worte „genießen‘“ zusammenhängt, das Wort „genießen‘‘ aber den Sinn „An Etwas als Erfahrenem Lust haben‘ hat, wäre „Genossenschaft“ eine besondere „Gemeinschaft“, und zwischen Zwei Seelen würde eine „Genossenschaft‘“ bestehen, wenn diese beiden Seelen an einem und demselben Gegebenen als Erfahrenem Lust hätten. Indes spricht man auch von „Leidensgenossen““ als Seelen, lie an einem und demselben Gegebenen als Erfahrenem Unlust haben. Ferner aber wird das Wort „Genossenschaft‘‘ häufig verwendet, wenn keine „aktuelle Lust- oder Unlust-Gemeinschaft‘“, sondern bloß eine „Potentielle Lust- oder Unlust-Gemeinschaft‘“ besteht. Wir können nun aber das Wort ‚Genossenschaft‘ in diesem letzteren Sinne aufgreifen, da ohnehin für die erstgenannten Fälle das Wort „Lust- und Unlust- Gemeinschaft“ zur Verfügung steht. Wir nennen also „Genossen- Schaft“ jene Beziehung zweier Seelen, weiche dadurch begründet ist, laß den beiden Seelen die Empfänglichkeit für einen und denselben Sander, Allg. Gesellschaftsiehre. 15