238 V, Kapitel. Gedanken‘ und einen „Ander-Soll-Gedanken‘‘ behauptet hat. Sagt z. B. A zu B: „Ich möchte, daß es regnet‘, so weiß selbstverständlich B jedenfalls, daß es sich bloß um die Behauptung der Zugehörigkeit be- sonderen Wunsches zu A. handelt, nicht aber um einen an B gerichteten Anspruch, da es ja gar nicht in der Macht des B liegt, einen Regen herbeizuführen. Aber auch dann, wenn A dem B einen Wunsch er- klärt, dessen emotional Gedachtes besonderes Verhalten des B ist, ge- nügt diese Wunsch-Erklärung allein noch nicht, um in B einen An- spruch-Glauben zu wecken, ganz abgesehen davon, daß B zur Er- füllung jenes Wunsches nur veranlaßt wird, wenn ihm ein besonderer „Eigen-Soll-Gedanke‘“ zugehört. Es kann nämlich jemand einem Anderen einen Wunsch nach dessen besonderem Verhalten erklären, ohne einen Anspruch erheben zu wollen. Sagt z. B. A zu B: „Ich möchte gerne, daß Du das Matterhorn besteigst‘“ oder „Ich möchte gern, daß Du Flieger wirst‘, so gibt er zweifellos einen Wunsch nach einem Verhalten des B kund, muß aber keineswegs die Absicht haben, dieses Verhalten von B zu beanspruchen, kann also auch hinzufügen: „Ich überlasse es aber Dir, ob Du es tun willst“ oder „Ich nehme es Dir aber nicht übel, wenn Du es nicht tust‘ oder „Ich will Dich aber nicht dazu verleiten“. Durch solche Redewendungen will aber A dem B mitteilen, daß ihm kein „Ander-Soll-Gedanke“ zugehöre, daß er also nicht den Gedanken behaupte, seine Wahrnehmung der Nicht-Erfüllung jenes Wunsches werde die wirkende Bedingung für die Verwirklichung eines auf B bezogenen Unwertes abgeben, für welche als grundlegende Bedingung das Wissen des A um die Kundgabe seines Wunsches in Betracht kommt. In solchen Fällen wirbt also A nicht um einen „An- spruch-Glauben‘‘ des B, d. h. den Glauben, A erwarte die Erfüllung seines Wunsches deshalb, weil B „Wissen des A um die Nicht-Er- füllung seines kundgegebenen Wunsches‘ als eigenbezogenen Unwert weiß. Deshalb kann A auch in solchen Fällen sagen: „Aber nehmen Sie auf mich keine Rücksicht‘, womit der Wunsch kundgegeben ist, daß B nicht aus Rücksicht darauf, daß A den Wunsch kundgegeben hat, sich so verhalten soll, wie es der Erfüllung jenes Wunsches ent- sprechen würde. Es muß eben der „Wunsch nach besonderem Ver- halten eines Anderen‘“ unterschieden werden von dem etwaigen Wunsche oder gar Wollen, den Anderen durch Kundgabe jenes ersten Wunsches zur Erfüllung jenes ersten Wunsches zu veranlassen, denn sehr wohl kann jemand „besonderes Verhalten eines Anderen“ günstig emotional denken, ohne aber deshalb „eigenes Veranlassen jenes Verhaltens des Anderen“ günstig emotional denken zu müssen. Deshalb kann auch jemand einem Anderen einen Wunsch nach dessen besonderem Verhalten, bzw. eine Furcht vor dessen besonderem Verhalten kundgeben, ohne doch einen bezüglichen Anspruch erheben zu wollen.