244 V. Kapitel. valent sein kann, und diese Äquivalenz auch in Beziehung zu noch anderem Bezeichnungskörperlichen besteht. Meint man nun, daß das Bezeichnungskörperliche „Geben Sie mir ein Glas Wasser!‘ kein Be- hauptungssatz ist, so schuldet man doch die Darlegung, was mit solchem Bezeichnungskörperlichen gemeint sein kann. Diese Darlegung ist aber auf dem Boden jener Meinung unmöglich, und man weiß nichts anderes vorzubringen, als daß eben mit solchem Bezeichnungskörperlichen ein Wunsch kundgegeben wird — und zwar offenbar rätselhafterweise ohne Behauptung kundgegeben wird, d. h. ohne daß dem Anderen ein Gedanke bedeutet wird! —, oder aber, daß eben mit solchem Bezeich- nungskörperlichen kein „Sein‘, sondern ein ‚Sollen‘ ausgesagt wird, so daß die hochheiligen Märchen von „Sein“ und „Sollen“ als Zeugen für eine verfehlte wissenschaftliche Lehre auftauchen. Klarer Weise ist es aber lediglich das trotz aller gegenteiligen Beteuerungen festgehaltene „grammatische‘“‘ Vorurteil, welches dazu verleitet, zu meinen, ein Be- zeichnungskörperliches der Form ‚Geben Sie mir ein Glas Wasser!“ sei kein Behauptungssatz, hingegen ein Bezeichnungskörperliches von der Form „A ist angekommen‘ sei ein Behauptungssatz, weil sich in ihm ein „grammatisches Subjekt‘, ein „grammatisches Prädikat‘ und eine „Kopula‘ finden. Nach jener Meinung wären aber auch Reden wie „Feuer!“ oder „Esel!“ oder „Wie schön scheint der Mond!“ keine Behauptungssätze, weil sie nicht jene grammatische Gliederung auf- weisen. Wenn aber jemand aus einem Zimmer stürzt und „Feuer‘““ ruft, so könnte er auch vollständig äquivalent sagen: „Im Zimmer brennt es“ oder ‚Der Kasten brennt‘, und daß solche Sätze Behaup- tungssätze sind, wird wohl niemand bezweifeln. Es ist eben das Laut- liche „Feuer!“ ein Bezeichnungskörperliches, ein Satz, da es als wirkende Bedingung dafür in Betracht kommt, daß besondere empfängliche Seelen durch Wahrnehmung einer seiner Besonderheiten den Glauben daran gewinnen, daß jemand einen besonderen Gedanken behauptet hat. Allerdings ist das Bezeichnungskörperliche „Feuer!“ hinsichtlich seiner Form eine Abkürzung des Bezeichnungskörperlichen „Es brennt“ und wird dann gebraucht, wenn aus irgendeinem Grunde die Absicht rascher Mitteilung‘ besteht. Ebenso aber ist dem Bezeichnungkörper- lichen „Esel!“ das Bezeichnungskörperliche ‚Sie sind ein Esel!“ äqui- valent, das zweifellos ein Behauptungssatz ist, und ist dem Bezeichnungs- körperlichen: „Wie schön scheint der Mond!‘ das Bezeichnungskörper- liche „Der Mond scheint (sehr) schön!‘“, das zweifellos ein Behauptungs- satz ist, äquivalent. „Bezeichnungskörperliches aber, das einem Behauptungssatze äquivalent ist, kann selbst auch nur ein Be- hauptungssatz sein, da eben beide: Bezeichnungskörperliche als wir- kende. Bedingungen für die Weckung‘ eines und desselben Gedankens in Betracht. kommen. Schon aus diesem Grunde allein kann aber auch