Fa Kapitel. a solches Bezeichnungskörperliches, das jemand gebildet hat, um einem Anderen gegenüber einen Gedanken auszudrücken und zu be- deuten. Sind nun im eigentlichen Sinne nur Gedanken ‚wahr‘ oder „unwahr‘“ und kann überdies besonderes Verhalten anderer Seele nur dadurch geweckt werden, daß ihr zunächst durch eine Werbung be- sondere Gedanken geweckt werden, so ist es klar, daß auch ein „Anspruch“ in uneigentlichem Sinne „wahr“ oder „unwahr‘“ sein kann. Zunächst kann sowohl die in einem Anspruche enthaltene Behauptung eines „Eigen-Wunsch- bzw. -Furcht-Gedankens‘““ als auch die in einem Anspruche enthaltene Behauptung eines ‚„Ander-Soll-Gedankens‘‘ je entweder ein „Urteil“ oder eine „Lüge‘“ sein. So kann etwa A zu B sagen: „Ich wünsche, daß Sie mir ein Glas Wasser bringen!‘, obwohl ihm, wie er weiß, gar nicht ein Wunsch nach einem Glas Wasser, sondern der Wunsch zugehört, daß sich B für einen Augenblick ent- fernt. In solchem Falle ist die Behauptung des „Eigen-Wunsch- bzw. -Furcht-Gedankens‘“ eine „Lüge“, da A einen ihm nicht zugehörigen Gedanken als ihm zugehörig behauptet, nämlich eben den selbstbewußten Gedanken: „Mir gehört der Wunsch zu, daß Sie mir ein Glas Wasser bringen“. Ist nun die Behauptung des „Eigen-Wunsch- bzw. -Furcht- Gedankens‘“ eine „Lüge‘, so ist der behauptete Gedanke auch stets ein „unwahrer‘“ Gedanke, während er, wenn solche Behauptung ein „Urteil‘“ ist, stets auch ein „wahrer‘“ Gedanke ist. Denn in allen Fällen — und nur in diesen Fällen —, da jemand einen selbstbewußten Gedanken behauptet, behauptet er wegen der „Evidenz der inneren Wahrnehmung“‘ einen ‚wahren‘ Gedanken, wenn er urteilt, hingegen einen „unwahren‘‘ Gedanken, wenn er lügt. Es kann ferner etwa A — und solche Fälle sind durchaus nicht selten — einem B sagen: „Zahlen Sie mir sofort die 2000 Mark zurück, sonst kommt es zur Zwangsvollstreckung“‘, obwohl er weiß, daß er gar nicht die Macht hat, durch Klage ein vollstreckbares Urteil herbeizuführen, vielmehr mit dieser Klage abgewiesen würde. In solchen Fällen ist die Behauptung des „Ander-Soll-Gedankens‘“ eine „Lüge‘“, da A einen ihm gar nicht zugehörigen Gedanken behauptet, um den B zu einem besonderen Ver- halten zu veranlassen. Ist nun die Behauptung solchen „Ander-Soll- Gedankens‘ eine Lüge, so kann dieser behauptete Gedanke dennoch entweder ein ‚wahrer‘ oder ein ‚„unwahrer‘ Gedanke sein, denn A kann insoferne irren, als seine Macht, durch Klage Zwangsvollstreckung herbeizuführen, obwohl er an diese Macht nicht glaubt, dennoch be- steht. Aber auch wenn die Behauptung des „Ander-Soll-Gedankens“ ein „Urteil“ ist, kann der behauptete Gedanke entweder „wahr“ oder „unwahr““. sein. Wir haben nun bereits dargelegt, daß selbstverständlich jeder Behauptende, mag er nun „urteilen‘“ oder „lügen‘, darauf zielt, daß der Behauptungs-Adressat einen Urteil-Glauben und dann einen