Vergesellschaftung und Gesellschaft. 267 Nicht jeder Behauptungs-Anspruch ist eine „Frage“. Als „Frage“ bezeichnen wir vielmehr überhaupt jede Verhalten-Werbung, mit welcher auf eine „Antwort“ gezielt wird, d. h. auf ein Urteil, mit welchem der Verhalten-Werbungs-Adressat darauf zielt, dem Anspruch- erheber einen ihm, dem Ansprucherheber, noch nicht zugehörigen Ge- danken zu bedeuten. Eine „Frage“ kann selbst wieder entweder eine „urteilhafte Frage“ oder eine „lügenhafte Frage“ sein. Eine Frage kann insbesondere in der Behauptung des „Eigen-Wunsch-Ge- dankens“ lügenhaft sein, wie wenn z. B. A zu B sagt: „Sage mir, ob Du bei der Prüfung durchgekommen bist?“, wobei A in Wahrheit gar nicht den Wunsch hat, dies zu wissen, da er ohnehin bereits weiß, daß B durchgefallen ist, sondern sich nur an der „Verlegenheit“ des B, die er bei der Antwort zeigen wird, „weiden“ will. Weiß jedoch A, daß B gar keine Antwort geben wird, weil er die Gedanken des A erkennen wird, zielt also A lediglich darauf, den B zu „ärgern“, so liegt bloß eine „unechte Frage“ vor, d. h. ein „Frage-Satz“, der aber nicht in „Frage-Absicht“ gebildet wurde. Ebenso liegt auch nur eine „unechte Frage“ und eine „unechte Antwort“ vor, wenn A den B in Gegenwart des C frägt: „Werden die Kurse morgen steigen?“ und B antwortet: „Gewiß!“, wobei aber A und B dieses „Frage- und Ant- wortspiel“ vorher aus irgendeinem Grunde vereinbart haben. Kine „unechte Frage“ liegt in solchem Falle vor, insofern A nicht darauf zielt, daß B ihm einen Gedanken bedeutet, der dem A nach dem Wissen des B noch nicht zugehört, und eine „unechte Antwort“ liegt in solchem Falle deshalb vor, weil B nicht darauf zielt, dem A einen Gedanken zu bedeuten, der dem A nach dem Wissen des B noch nicht zugehört. Solche „unechte Frage“ ist aber immerhin eine Werbung des A um ein Verhalten des B, nämlich eine Werbung darum, daß B das Vereinbarte tue, nur liegt eben keine „echte Frage“ vor. Im ge- wöhnlichen Sprachgebrauche wird allerdings „Frage“ jede Verhalten- Werbung genannt, mit welcher jemand darauf zielt, daß der Adressat der Verhalten-Werbung dem Werber gegenüber eine besondere Be- hauptung aufstellt, wird ferner „Antwort“ jede Behauptung genannt, Welche ein „Befragter“ dem „Frage-Steller“ gegenüber aufstellt, auch wenn sie sich nicht als Entsprechung zu der Frage darstellt, Sondern nur durch die Frage veranlaßt war, wie wenn Z. B. A den B frägt: „Gehen Sie jetzt aus?“ und B darauf sagt: „Das geht Sie gar Nichts an!“ oder nun selbst die Frage erhebt: „Warum interessiert Sie das?“ Aber auch dann, wenn man dem Worte „Frage“ jenen weiteren Sinn zuerkennt, sind keineswegs alle Behauptungs-Ansprüche „Fragen“, da eben häufig jemand von einem Anderen beansprucht, daß er einem Dritten gegenüber Etwas behaupte und solche Ansprüche keinesfalls „Fragen“ sind und genannt werden.