204 YV. Kapitel. a eine „Ziel- bzw. Wider-Ziel-Gemeinschaft“, so würde zwar „Gesellschaft“ solche „Gemeinschaft“ einschließen, wäre aber doch nicht als solche „Gemeinschaft“ vollständig bestimmt, da nämlich im übrigen das Ge- wußte eines „Verhalten-Werbung-Seelenaugenblickes“ und das Ge- wußte eines Entsprechung-Seelenaugenblickes durchaus von einander verschieden sind. Es gibt zahlreiche „Ziel- bzw. Wider-Ziel-Gemein- schaften“ zweier Seelen, die nicht „Gesellschaften“ dieser zwei Seelen sind. Besteigen z. B. A und B gleichzeitig einen und denselben Berg, so besteht zwischen ihnen insoferne eine „Ziel-Gemeinschaft“, als sie beide in ihren Verhalten-Seelenaugenblicken „Erreichen des Gipfels jenes Berges“ emotional günstig denken. Aber diese beiden Verhalten- Seelenaugenblicke begründen nur eine „Ziel-Gemeinschaft“ jener beiden Seelen, keineswegs eine „Gesellschaft“ jener beiden Seelen, weil eben kein „Verhalten-Werbung-Seelenaugenblick“ der einen Seele und kein ‚Entsprechung-Seelenaugenblick“ der anderen Seele vorliegt. Deshalb ist es auch ein — leider weitverbreiteter — Irrtum, von „Gesellschaft“ zweier Seelen zu sprechen, wenn sie „gemeinschaftlich“ oder bloß „gleich- artig“ handeln oder unterlassen, da eben eine bloße „Ziel- bzw. Wider- Ziel-Gemeinschaft“ noch keineswegs „Gesellschaft“ ist. „Gemeinschaft“ ist jede durch ein besonderes, zweimalig gegebenes Allgemeines be- zründete Beziehung zweier Seelen, „Gesellschaft“ aber ist nur die durch lie zwei Allgemeinen „Verhalten-Werbung-Seelenaugenblick“ und „Ent- sprechung-Seelenaugenblick“ begründete Beziehung zweier Seelen. „Ge- meinschaft“ zweier Seelen ist ferner stets eine „simultan begründete Beziehung“, da zwei Seelen nur dann in „Gemeinschaft“ stehen, wenn ihnen ein Allgemeines gleichzeitig zugehört. „Gesellschaft“ zweier Seelen ist hingegen eine „sukzessiv begründete Beziehung“, da zwei Seelen nur dann „in Gesellschaft“ stehen, wenn zuerst der einen Seele ain „Verhalten-Werbung-Seelenaugenblick“ und dann der anderen Seele ein „Entsprechung-Seelenaugenblick“ zugehört. Ferner kann „Gemein- schaft“ zweier Seelen auch bestehen, ohne daß zwischen ihnen ein von einer der beiden Seelen beabsichtigter Vergemeinschaftungs- zusammenhang, ohne daß überhaupt eine von jemandem beabsichtigte Vergemeinschaftung jener beiden Seelen sich ergeben hat. Hingegen kann „Gesellschaft“ zwischen zwei Seelen nur dann bestehen, wenn sich zwischen ihnen ein von einer der beiden Seelen beabsichtigter „Ver- gesellschaftungs-Zusammenhang“ ergeben hat: „Gemeinschaft“ kann also ‚Natürliches“ oder „Künstliches“, „Gesellschaft“ nur „Künstliches“ sein, „Gemeinschaft“ zweier Seelen hinsichtlich eines besonderen Seelischen kann schließlich während eines Weltzeitraumes bestehen, der beliebig viele Weltzeitpunkte umfaßt, wenn nur in allen jenen Weltzeitpunkten jenes besondere Seelische beiden Seelen zugehört. „Gesellschaft“ zweier Seelen hingegen ist stets auf zwei besondere Weltzeitpunkte, näm-