Die Besonderheiten der Vergesellschaftungs-Werbungs-Seelenaugenblicke usw. 423 nur dann zu besonderem Verhalten „verpflichtet“, wenn eine Lage be- steht, kraft welcher Erfahrung besonderer Seele von seinem entgegen- gesetzten Verhalten in Beziehung zu ihrem Wissen, daß an jenen „jemand“ in Anspruchabsicht eine „Eigen-Wunsch- bzw. -Furcht-Behauptung“ gerichtet wurde, als grund- legender Bedingung die wirkende Bedingung für eine Verschlech- terung des jenen „jemand“ betreffenden Interessengesamtzustandes ab- geben würde, und wenn wir dieses „Wesen“ der „Pflicht“, des „Sollens“ nicht stetig klar vor Augen halten, geraten wir mit dem Gebrauche der Worte „Pflicht“ und „Sollen“ in das Gebiet leeren Geredes. Man kann also z. B. nicht einerseits behaupten, daß die sogenannten „Rechts- sätze“ keine Gebote sind, und andererseits behaupten, daß es eine „Rechtspflicht“ gibt, denn die „Logik“ solcher Aufstellungen entspricht ungefähr der „Logik“ der Behauptung, „es sei jemand in der Straße X. um 8 Uhr abends von einem Auto überfahren worden, obwohl sich in dieser Straße um diese Zeit kein Auto befand“. Allerdings ist gewiß eine „Staats- verwaltung“ denkbar, welche derart funktioniert, daß der Staatsherrscher an gewisse „Organe“ das Gebot richtet, den Untertanen besonderes Verhalten ungünstig zuzurechnen, wobei es nach seiner Absicht gar nicht darauf ankommt, daß die Staätsorgane solche ungünstige Zu- rechnung nur vollziehen, insoweit sie wissen, daß an die Untertanen auf ihr entgegengesetztes Verhalten zielende Gebote gerichtet wurden. Dieser Staatsherrscher kann dann auch um jenes entgegengesetzte Ver- halten des Untertanen dadurch werben, daß er an sie eine entsprechende Warnung richtet, aber solche Werbung ist eben kein Gebot, und durch. solche Werbung wird niemals ein „Sollen“, sondern nur ein „Quasi-Sollen“ der Untertanen begründet. Ein gleicher Fall liegt etwa vor, wenn A seinen Wolfshund darauf dressiert, in seinen Garten ein- tretende Menschen anzufallen, und dann dem B sagt: „Gehen Sie nicht in meinen Garten, sonst wird sie mein Wolfshund anfallen“. Aber die gegenwärtige Staatsverwaltung -— um jetzt nur auf die Gegenwart Bezug zu nehmen — funktioniert nicht nach dem Schema „scharf ge- Mmachter Wolfshund“ und „Achtung, bissiger Wolfshund!“, sondern funktioniert auf Grund von verpflichtenden Geboten an die Untertanen und auf Grund von ungewiß gerichteten Geboten an gewisse „Staats- organe“, in welchen darauf gezielt wird, sie dadurch zu „ Geboterfüllungs- Wahrern“ zu machen, daß ihnen die Bereitwilligkeit zugehörig gemacht wird, auf Grund ihres Wissens um jene an die Untertanen gerichteten Gebote bei Übertretung jener Gebote die in jenen Geboten angedrohten ungünstigen Zurechnungen zu vollziehen bzw. deren Vollzug zu veran- lassen. Das Schema der an solche Staatsorgane gerichteten Gebote lautet also nicht: „Wenn U dies tut, bestrafe ihn!“, sondern: „Wenn U mein an ihn gerichtetes Gebot nicht erfüllt, so veranlasse