Staats-Gesellschaft, Rechts-Gesellschaft und Wirtschafts-Gesellschaft, 515 läßt sich nicht nur das Gegebene „Staat schlechtweg“ klar bestimmen, sondern ist auch das Gegebene „Staat schlechtweg“ in zahllosen Fällen in der Welt verwirklicht, nur daß wir eben wegen besonderer Mängel unseres „empirischen“ Wissens in vielen Fällen diese „Verwirklichungen“ nicht zweifelsfrei festzustellen vermögen, wie ja uns überhaupt die Mängel unseres „empirischen“ Wissens zahllose nicht zu beseitigende Zweifel auferlegen. Fragen wir uns z. B., ob der Bettler A den vorüber- gehenden B mit Erfolg um ein Geschenk bitten wird, so sind wir in den meisten Fällen auf bloße Wahrscheinlichkeitsurteile angewiesen, und wenn wir hinsichtlich eines derart einfachen Falles zu keiner Gewißheit gelangen, vielmehr das „Geschehen“ abwarten müssen, so ist es wohl begreiflich, daß unsere Urteile hinsichtlich des Bestandes besonderer „Staatsbeziehung“ mit noch größerer Ungewißheit belastet sind, und über diese notwendige Ungewißheit kann man zwar gedankenlos hin- wegreden, man kann sie aber nicht beseitigen, wie jeder ehrliche und gründliche Versuch, ein Urteil, daß irgend eine besondere Staats- beziehung in der Welt bestehe, zu rechtfertigen, lehrt. Wäre uns allerdings die Einsicht beschieden, welche besonderen Bedingungs-Allgemeinen in jedem. besonderen Weltzeitpunkte jedem besonderen Einzelwesen in der Welt zugehören, so wäre uns auch jederzeit die klare Einsicht beschieden, daß in besonderem Weltzeitpunkte zwischen besonderen Seelen eine be- sondere Staatsbeziehung besteht oder nicht besteht. Das Gegebene „Staat“ können wir auch in Kürze als eine „künftig - ausgeübte überlegene ursprüngliche Herrschermacht“ be- zeichnen, während weder eine „künftig nicht ausgeübte überlegene ursprüngliche Herrschermacht“ noch eine „künftig ausgeübte unter- legene ursprüngliche Herrschermacht“ einen „Staat“ darstellt. „Aus- übungsbereiten Staatsmachtinhaber“ nennen wir jene Seele, welcher ein Allgemeines zugehört, das als grundlegende Bedingung dafür in Betracht kommt, daß sie bei Eintritt besonderer Ereignisse eine ihr zustehende Staatsmacht ausübt, „Staatsuntertan“ nennen wir jeden, dem innerhalb eines Staates ein Allgemeines zugehört, das als grundlegende Bedingung dafür in Betracht kommt, daß er Befehle trotz mit diesen Befehlen unverträglicher Ander-Verhalten-Werbungen erfüllt. Jede „Staatsbeziehung“ besteht zwischen einem „ausübungs- bereiten Staatsmachtinhaber“ und einem „Staatsuntertane“, und jede solche Beziehung‘ stellt einen besonderen „Staat“ dar. Indes denkt man gewöhnlich bei dem Worte „Staat“ an einen Staat „mit mehreren Untertanen“, d.h. an eine Lage, welche die Gesamtheit jener Allge- meinen enthält, die als grundlegende Bedingungen dafür in Betracht kommen, daß „konjunktiv an mehrere Adressaten gerichtete Befehle“ erfüllt werden. In solcher Lage findet sich also eine Gesamtheit von Staatsbeziehungen, die auf Seite der Untertanen gleichartig begründet 33*