322 ;X. Kapitel. a mächte finden müssen, nämlich etwa „Macht äußerer Vertretung der Untertanen“, „Gesetzgebungsmacht“, „Gerichtsherrlichkeit“, „Militär- macht“, „Steuermacht“ u. dgl., also eine Gesamtheit von sogenannten „Hoheiten“ (== „überlegenen ursprünglichen. Herrschermächten“). Findet sich aber, daß jemandem eine besondere ursprüngliche Herrschermacht- gesamtheit zusteht, in welcher sich die eine oder die andere jener ur- sprünglichen Herrschermächte, welche man in jedem „Staate“ finden zu müssen meint, nicht als „künftig ausgeübte“ ursprüngliche Herrscher- macht findet, weil ihr Inhaber wegen besonderen an ihn gerichteten Anspruches solche ihm zustehende ursprüngliche Herrschermacht nicht ausüben wird, so weiß man nicht, ob man überhaupt von einem „Staate“ oder nur von einem „halb-souveränen Staate“ oder gar von einem „nicht- souveränen Staate“ sprechen soll. Diese und viele andere ähnliche Ver- legenheiten ergeben sich aber nur, weil man eben übersieht, daß jede „künftig ausgeübte überlegene ursprüngliche Herrschermacht“ ein be- sonderer „Staat“ ist, das aber, was gewöhnlich ein besonderer Staat genannt wird, eine besondere Gesamtheit von mehreren verschie- denen „künftig ausgeübten überlegenen ursprünglichen Herrscher- mächten“ darstellt, die alle einen und denselben Inhaber haben. Auch die Frage nach der „Teilbarkeit“ der Souveränität läßt sich also leicht beantworten, wenn man sich klar macht, welchen Sinn überhaupt solche Frage haben kann. Von „geteilter“ Souveränität kann nämlich erstens dann gesprochen werden, wenn eine besondere „ursprüngliche Herrschermacht“ eine „Macht mit mehreren Inhabern“, also eine „Gesamt- macht“ darstellt, wie z. B. die „ursprüngliche Herrschergesamtmacht‘“ einer „gesetzgebenden Körperschaftsgesamtheit“. In solchem Falle Kegt also eine „ursprüngliche Herrschermacht“ (= „Souveränität“) vor, die in- soferne „geteilt“ ist, als jeder ihrer mehreren Inhaber nur eine „unselb- ständige ursprüngliche Herrschermacht“ besitzt. Von „geteilter“ Souve- ränität kann aber zweitens auch dann gesprochen werden, wenn ein und derselbe Mensch als Untertan von zwei oder mehreren ursprüng- lichen (selbständigen) Herrschermächten betroffen ist, deren jede einen besonderen Inhaber hat. In solchem Falle ist also nicht eigentlich eine besondere „ursprüngliche Herrschermacht“ „geteilt“, sondern es ist die Gesamtheit der vorhandenen, einen und denselben Menschen betreffenden ursprünglichen Herrschermächte insoferne „geteilt“ (== „ver- eilt“), als die einzelnen besonderen „ursprünglichen Herrschermächte“ aus dieser Gesamtheit nicht alle einen und denselben Inhaber haben. Die Verlegenheit hinsichtlich der Beantwortung der Frage, ob eine „Teilung“ der „Souveränität“ möglich sei, entspringt eben lediglich dem Umstande, daß man nur besondere, einem und demselben Inhaber zu- stehende Gesamtheiten von „überlegenen ursprünglichen Herrscher- mächten“ Staaten nennt. Diese „Gesamtheiten“ hat man freilich noch