64 Seins und des Sollens zueinander, über die Befugnis oder Nötigung des theoretischen Betrachters zur Aufstellung von Zielen und Abgabe von Werturteilen, über Sinn und Bedeutung also einer Normwissen- schaft und einer richtenden Nationalökonomie insbesondere auf ihre Berechtigung hin einer Prüfung zu unterziehen, so handelt es sich offenbar um die Fragen, die zu stellen und zu beantworten sind: Müssen wir, sollen wir, können wir richtende Nationalökonomie {mit all den damit verknüpften Folgen) treiben? Von diesen drei Fragen will ich die beiden ersten hier ausschalten, die Fragen also nach der Notwendigkeit und nach der Zweckmäßigkeit einer rich- tenden Nationalökonomie: sie gehören an eine andere Stelle und können erst später in einem größeren Zusammenhange ihre sach- gemäße Beantwortung finden: siehe das 16. Kapitel. Nur im Vorbeigehen will ich schon hier bemerken, daß die in dem „logischen‘“ Beweise versuchte Begründung einer Notwendigkeit, Werturteile zu fällen, ganz sicher nicht beweiskräftig ist. Der auf- merksame Leser wird schon bei meiner Wiedergabe jener Ansichten gemerkt haben, daß hier ein Quidproquo vorliegt, daß die Beweis- führung auf einer Verwechslung beruht zwischen den eigenen Wert- urteilen des Theoretikers und Urteilen über Werturteile (anderer): Wenn das Wirtschaftsleben nach Zwecken ausgerichtet ist und die wirtschaftenden Menschen in jedem Augenblicke Werturteile fällen (was natürlich der Fall ist) und wenn der Betrachter und Theoretiker in jedem von ihm festgestellten Tatbestande diese Werturteile der Wirtschaftssubjekte zu berücksichtigen hat (was er selbstverständ- lich tun muß), so folgt daraus doch nicht im mindesten, daß er selbst Werturteile über wirtschaftliche Zustände und Vorgänge fällen muß. Und nur diese Werturteile des betrachtenden Nationalöko- nomen stehen doch in Frage. Es ist tief traurig, daß man solche Richtigstellungen erst vorzunehmen genötigt ist. Es bleibt also zur Beantwortung übrig die dritte Frage: ist rich- tende Nationalökonomie möglich oder — da ihr Vorhandensein ja die „Möglichkeit‘“ schon erweist — genauer: wie ist richtende Na- tionalökonomie möglich, womit wir glücklich bei der alten Schul- frage angelangt wären. Auf diese Frage ist, soviel ich sehe, noch keine befriedigende Antwort erteilt worden. Das, was alle Versuche einer