Dritter Abschnitt Die verstehende Nationalökonomie Zehntes Kapitel Die Vorgeschichte der geistwissenschaftlichen National- ökonomie 1. Die heterodoxe Nationalökonomie Der ordnenden oder naturwissenschaftlichen Nationalökonomie, die sich die Welt der Geister im Fluge erobert, tritt gegenüber eine andere Nationalökonomie, die auch den Anspruch erhebt, eine „Wissen- schaft‘ in dem von mir dem Worte beigelegten Sinne, das heißt nicht Metaphysik zu sein, die aber ihre Forschungsweise nicht dem Be- reiche des naturwissenschaftlichen Denkens entnehmen, sondern eine Ihrem Gegenstande angemessene, eigene F orschungsweise anwenden will. Das ist diejenige Nationalökonomie, die als geistwissenschaft- liche oder kulturwissenschaftliche oder verstehende Nationalökonomie von mir bezeichnet wird. Sie hat eine Vorgeschichte, mit der wir uns jetzt vertraut machen wollen. Seit der Entstehung der physiokratischen und „klassischen‘“ Lehren hat es Nationalökonomen gegeben, die sich gegen diese Lehren auf- gelehnt haben. Nennen wir sie zusammenfassend die Heterodoxen oder Oppositionellen. Diese Gegenströmung, diese Anti-Klassik, diese Heterodoxie hat aber die längste Zeit ihr Dasein nicht einer wissen- schaftlich anderen Grundeinstellung, überhaupt nicht wissenschaft- Kchen, nicht Erkenntniszwecken ihr Dasein zu verdanken, sondern Willensgründen, praktischen Forderungen: sie trägt durchaus emotionales Gepräge, Was man an der „orthodoxen“ Lehre ver- mißte, ‚war vornehmlich dreierlei: ı. die nationale, 2. die sozial- politische, 3. die ethische Einstellung. Von diesen drei Gegenposi- tionen: der nationalen, der sozialpolitischen und der ethischen aus griff man die Klassiker (und später in abgeschwächtem Maße die