151 Vor allem tadelt. er an ihr, daß sie einen falschen Reichtumsbegriff zum Mittelpunkt ihrer Erörterungen mache und die „Theorie der produktiven Kräfte‘‘ vernachlässigt habe. Der Vorwurf trifft im wesentlichen zu. Es handelt sich aber bei dem Streit ganz und gar nicht um irgendeine grundsätzliche Unterschiedlichkeit der beiden Forschungsmethoden, sondern ausschließlich um die Frage der An- wendung der richtigen „Arbeitsideen‘. In Wahrheit sind beide Be- trachtungsweisen völlig gleich berechtigt: nicht entweder statisch oder dynamisch, sondern sowohl statisch als auch dynamisch sollen wir das Wirtschaftsleben ansehen. Mill selber hat ja ausdrücklich die statische und die dynamische Fragestellung nebeneinander zur An- wendung empfohlen. 6. Vorwurf der Unzulänglichkeit des Erfahrungsstoffes, aus dem die Regeln und Gesetze abzuleiten seien. Das war nach der Meinung Schmollers der wundeste Punkt in der orthodoxen Nationalökonomie, auf den er deshalb mit Vorliebe den Finger legte. Er hat seinen Gegnern immer wieder voreilige Verallgemeinerungen vorgeworfen. Gewiß — ihr Vorsatz: Gesetze zu finden, sei gut. Aber noch sei nicht Zeit, diese Gesetze zu formen. Noch müsse Material herbeigeschafft werden. Menger fragte nicht ganz mit Unrecht: wann denn die historische Schule, die sich mittlerweile zur „neuen“ histo- rischen Schule weiterentwickelt hatte, mit dieser Materialsammlung fertig zu werden hoffe. Ob die Erforschung der Schuhmacherzunft in Dinkelsbühl auch unbedingt nötig sei? Und die der Schneider- zunft ebenda? Und auch die der beiden Zünfte in Bomst usw. Aber gerade in der Erhebung dieses Einwandes enthüllt sich die erkenntnistheoretische Schwäche der gesamten oppositionellen Nationalökonomie. Diese läßt nämlich damit erkennen, daß sie gar nicht weiß, worin die angegriffene Lehre grundsätzlich irrte, und worin sie wirklich einer urgründlichen Umgestaltung bedürftig war: das war nämlich ihre naturwissenschaftliche Gesamteinstellung. Und diese teilten ja alle oppositionellen Nationalökonomen, teilten wenigstens alle namhaften Vertreter der historischen Schule: von Roscher bis Schmoller. Sie alle sind darin einig, daß es die Aufgabe der Nationalökonomie sei, durch die Beobachtung eines möglichst reichen Erfahrungsstoffes zur Aufstellung von Gesetzen zu