158 neuen ‚Wissenszweiges der verstehenden Sprach- und Kulturwissen- schaft zu nennen, die ihre erste Vollendung in den Werken von Schleiermacher und Wilhelm von. Humboldt, diesem „Bacon der Geisteswissenschaften‘, wie man ihn genannt hat, erleben. Dann, im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts, gerät das Ver- stehen-Wissen in Vergessenheit: die naturwissenschaftliche Denkweise greift auf alle Geistwissenschaften hinüber. Schließlich versucht sie sogar die Geschichte selbst zu umspannen und führt zu Gewalt- ätigkeiten, wie sie etwa in Buckles Geschichte der Zivilisation sich iußerten. Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts treten wir ein in 2. die kritische Periode, in der ein bewußter Gegensatz zwischen Natur- und Geistwissenschaften herausgearbeitet wird: Vicos Geist lebt endlich wieder auf. Wohl der erste, der den Kampf gegen das zur Alleinherrschaft ge- langte naturwissenschaftliche Denken aufnahm, war ein Historiker: J. G. Droysen. Es geschah in der Gestalt einer Warnung vor der Vermessenheit, deren die naturwissenschaftlichen Bearbeiter kultur- wissenschaftlicher Probleme sich schuldig zu machen anfingen. Sie wendete sich gegen den Vermessensten: Thomas Buckle, dessen eben erschienenes Wunderwerk Droysen in der „Historischen Zeit- schrift‘ 1862 zur Anzeige brachte. Die hier angedeuteten Gedanken hat der Rezensent dann in seiner „Historik“ weiter ausgeführt und begründet. In der Besprechung Buckles heißt es schon: „Wenn °s eine Wissenschaft der Geschichte geben soll, (muß) diese ihre eigene Erkenntnisart, ihren eigenen Erkenntnisbereich haben... Glücklicherweise gibt es zwischen Himmel und Erde Dinge, die sich zur Deduktion ebenso irrational verhalten wie zur Induktion, die mit der Induktion und dem analytischen Verfahren zugleich die Deduktion und die Synthese fordern, um in der alternativen Be- ‘ätigung beider nicht ganz, aber mehr und mehr, nicht vollständig, aber annähernd und in gewisser Weise erfaßt zu werden, die nicht entwickelt, nicht erklärt, sondern verstanden werden wollen.“ „In diesem Bereiche der sittlichen Welt ist alles von der kleinsten Liebesgeschichte bis zu den großen Staatsaktionen, von der einsamen Geistesarbeit des Dichters oder Denkers bis zu den unermeßlichen