222 „bewiesen“ werden kann. Dagegen ist im Kulturgeschehen die Kausalität evidente Realität, die ich an jedem Menschenwerk nach- prüfen kann. Da diese Ansicht Spanns von der Unzulässigkeit der Kausalitäts- kategorie in den Geistwissenschaften, wie alle Lehren dieses Schrift- stellers, weite Verbreitung, namentlich in der Jugend, gefunden hat, 30 will ich mit einigen Worten sagen, auf welche Gründe sie mir zurückzugehen scheint. Zunächst wird man bei Spann, der sich ja gern einen „Romantiker‘‘ aennen hört, jene instinktive Abneigung gegen jede kausal-genetische Betrachtungsweise vermuten dürfen, die der Romantik immer eigen zewesen ist. Diese eigentümliche Geisteshaltung hat mit der bei ihm gewohnten Schärfe Carl Schmitt herausgearbeitet, wenn er schreibt®: „Wenn etwas die Romantik total definiert, so ist es der Mangel jeglicher Beziehung zu einer causa. Sie wehrt sich nicht nur gegen die absolute Kausalität, das heißt gegen ein absolut be- vechenbares Verhältnis von. Ursache und Wirkung, wie es die wissen- schaftliche Mechanik voraussetzen muß: auch die in den Wissen- schaften vom organischen Leben obwaltende Beziehung von Reiz und Wirkung bleibt immer noch in einem gewissen Rahmen berechen- bar und adäquat. In der Bedeutung von ‚Sache‘ hat das Wort causa auch noch den Sinn einer teleologischen oder normativen Bindung and eines geistigen oder moralischen Zwanges, der eine adäquate Be- ziehung kennt. Ein absolut inadäquates Verhältnis besteht dagegen zwischen occasio und Wirkung; es ist — da jede konkrete Einzelheit 5ccasıo eines unberechenbaren Effekts sein kann, etwa der Anblick ner Apfelsine für Mozart der Anlaß, das Duett ‚la ci darem la mano‘ zu komponieren — völlig inkonımensurabel, jeder Sachlich- keit sich entziehend, a-rational, die Relation des Phantastischen . . .“ Aber auch wenn man die besondere romantische Geisteshaltung Spanns nicht in Rechnung ziehen will, lassen sich genügende Gründe aufweisen, die ihn zu seinem Irrtum geführt haben, Da scheint mir vor allem der Umstand bedeutsam, daß Spann Kausalität mit mechanischer (äußerer) Kausalität yleichsetzt. Wenn m —————— 855 Carl Schmitt, Politische Romantik. 2. Aufl, 1025. S. 190/21.