235 dem Unterschiede zwischen Natur- und Geistwissenschaften Ernst machen. In dem Plane seines großen Werkes ist die Behandlung der beiden Reiche in zwei besonderen Bänden vorgesehen. Einstweilen aber besitzen wir eine geistwissenschaftliche Logik nicht. Dieses Urteil könnte unbegründet erscheinen angesichts der eifrigen Bemühungen der südwestdeutschen Schule um die Heraus- arbeitung einer spezifisch kulturwissenschaftlichen Begriffslehre. Die Einseitigkeit dieser Schule, über die ich ausführlich bereits gesprochen habe (siehe oben S. 1 68ff.), macht sich aber besonders störend fühl- bar bei der Lehre von der Begriffsbildung. Hier wird immer nur der Kampf gegen die „Allgemein‘“=,,Gattungs‘“begriffe geführt und die Kulturwissenschaft (= Geschichte) als das Herrschaftsgebiet des In- dividualbegriffs hingestellt. Als ob mit dieser Gegenüberstellung das Wesentliche getroffen wäre! So bleibt denn dem Laien nichts übrig, als sich auf eigene Faust ain Begriffsgebäude zurecht zu zimmern, von dem ich im folgenden den Grundriß mitteile.. Worauf es meines Erachtens ankommt, ist nicht die Zuweisung be- stimmter Begriffsarten an die beiden Wissenssphären — im beiden werden dieselben Begriffsarten verwandt! —, sondern der Nachweis der grundsätzlich verschiedenen Begriffsbildung in Natur- und (Gjeistwissenschaften, durch die auch der Sinn der Begriffe ein ver- schiedener wird. In den Naturwissenschaften erfolgt die Begriffs- bildung durch die äußerliche Zuordnung konstanter Merkmale zu einem Gegenstande. Das gilt für die Bildung des „Individualbegriffs“, wenn man einen solchen für die Naturwissenschaften gelten lassen will, nicht minder als für die Bildung der Allgemeinbegriffe, bei denen dieses Verfahren in seiner Eigenart besonders deutlich in die Erscheinung tritt. Daß der Allgemeinbegriff von Naturdingen auf Abstraktion beruhe, das heißt durch Weglassen von Merkmalen entstehe, daß also der Ausgangspunkt die konkrete Mannigfaltigkeit des Einzelgegenstandes, der. Endpunkt der entleerte, inhaltsarme, umfangreiche Gattungs- begriff sei, sollte nicht bestritten werden 1%, 104 Die Einwendungen Bruno Bauchs, Die Idee (1926), 132, beruhen auf dem Fehler, daß er seinen Beweis mit mathematischen. Begriffen führt,