7a Damit können wir bei unserem beschränkten Verstande nichts an- fangen. Wir wollen ganz bescheiden Wissenschaft, ja sogar eine Wissenschaft treiben. Alle Wissenschaft aber ist antiromantisch, ist ‚klassisch‘, wie ich schon sagte. Es gibt gewiß eine herrliche „romantische‘“ Dichtung, eine „ro- mantische‘“ Malerei, eine „romantische‘“ Musik, meinetwegen auch eine „romantische“ Philosophie: eine „romantische‘‘ Wissenschaft zibt es nicht, sie bedeutet einen Widerspruch im Beiwort. Von den beiden Formen der realen Wissenschaften erachten wir aber die verstehende Wissenschaft als die unserem Wissensgebiete: dem Wirtschaftsleben als einer Erscheinungsform der Kultur an- gemessenen Erkennitnisweise. Diese grundsätzliche Zuordnung der einzelnen Erkenntnisweisen zu bestimmten Erkenntnisgebieten schließt nun aber natürlich nicht aus, daß eine Erkenntnisweise auch auf ein ihrem Wesen fremdes Erkenntnisgebiet übertragen wird. Man kann eine autogene von einer heterogenen Anwendung einer Methode unterscheiden, je nachdem diese dem Gegenstande angemessen ist oder ihm aufgezwungen wird. Man hat in diesem Falle ganz treffend von einem „Imperialismus der Methoden“ gesprochen?. Es ist dann zu prüfen, ob eine solche Übertragung berechtigt ist oder nicht. Das soll im folgenden mit Bezug auf die der Nationalökonomie wesensfremden Erkenninisweisen der Metaphysik und der Natur- wissenschaft geschehen, wodurch dann die Berechtigung der richten- den und der ordnenden Nationalökonomie festgestellt wird. Ich glaube, daß wir des Problems am ehesten Herr werden, wenn wir jedesmal die drei Fragen stellen und zu beantworten suchen, die ich oben schon (siehe S. 64) als die notwendig sich erhebenden bezeichnet hatte, die Fragen nämlich: können, müssen, sollen andere Er- kenntnisweisen als die verstehende Methode in der Nationalökonomie Verwendung finden? 3 Paul Tillich, Das System der Wissenschaften nach Gegenständen und Meihoden. 1923. S. 3,