287 wissenschaftlichen Denkens gemacht. Gewiß ist unser Wissen durch den Beweisstoff nach Umfang und Art bestimmt, der in einer Zeit zur Benutzung bereit liegt. Aber wir nehmen ihn als gegeben hin und brauchen nicht zu erwägen, daß auch er es ist, der unser Wissen relativiert: es sind auch in diesem Falle die Bedingungen für alle Forscher dieselben, was ihren Forschungsergebnissen für diese Zeit- spanne und diesen Kulturkreis die Allgemeingültigkeit verbürgt. Diese scheint also nach allen Seiten hin, dank einer kritischen Ein- stellung, die ich eben beschrieben habe, trotz der unzweifelhaft weit- gehenden Seinsgebundenheit des Forschers gesichert zu sein, auch ohne daß wir, wie die Naturwissenschaften, auf Wesenserkennt- nis zu verzichten brauchen, wenn wir dabei nur folgende Regeln beobachten : } ı. wir müssen in Zweifelsfällen die weltanschaulichen Gegeben- heiten ausdrücklich als solche bezeichnen und kenntlich machen; . wir müssen mit Sorgfalt diejenigen Fragen ausscheiden, die weltanschaulich problematisch sind, müssen also vor allem die‘ persönlichen‘ Werturteile vermeiden und Seinserkenntnis erstreben: auf die Intention kommt es vor allem an. Wir müssen so weit unseren Geist schulen, daß wir den grund- sätzlich erkenntnistheoretischen Unterschied zwischen den Fragen: „wie wirken Getreidezölle auf die Preise?‘ und: „sind Getreidezölle nützlich?“ einsehen (damit wäre viel ge- wonnen); _ 3. wir müssen alle Probleme auf die Grundlage der Evidenz und der aufweisbaren Erfahrung zurückführen. » Daß bei den Kulturwissenschaften ein breiterer Raum für die per- sönliche Eigenart des Forschers bleibt als bei den Naturwissen- schaften, soll gewiß nicht bestritten werden. Es ist auch kein Schade. Ja, wir empfinden die Lebensnähe in unseren besten Werken mit besonderer Dankbarkeit für den Genius. Aber darum brauchen wir wahrhaftig micht Metaphysik zu treiben und uns mit dem Suchen nach der richtigen Wirtschaft ‚abzumühen. Ich finde, daß verstehende Nationalökonomie, wo sie mit einigem Geist betrieben wird, viel kurz-