200 wissen wir selber, Es liegt eine unerträgliche Überheblichkeit darin, uns mit der Darlegung der für uns belanglosen subjektiven Meinungen über das „was sein sollte‘ zu langweilen. Wenn einmal ein bedeu- tender Forscher uns seine Ansichten darüber mitteilt, so werden wir sie gern hören. After dinner. In wissenschaftlichen Untersuchungen dagegen wollen wir Aufschlüsse über die Zusammenhänge der wirt- schaftlichen Welt erhalten, und gerade diese werden uns vorenthalten, weil der wertende Nationalökonom gar keine Zeit und Sammlung hat, sie zu machen. Er hat es immer zu eilig, uns sein Werturteil aufzudrängen. :Wie viele wichtige ‚wissenschaftliche Erkenntnisse durch diese krankhafte Sucht, die Dinge zu werten, im Keime er- stickt sind, ist gar nicht zu sagen. Es ist ja heute schon besser ge- worden? Wenn man sich aber die Literatur ansieht, die vor allem in Deutschland beliebt war, als wir jung waren, so ist man geradezu er- schreckt über die Kürze. und Unfruchtbarkeit der Erkenntnisreihen, die gerade immer da durch ein Werturteil abgebrochen wurden, wo sie hätten anfangen sollen. Von den ästhetischen Qualen, die die Lektüre der Schriften einer „ethischen‘“ Nationalökonomie verur- sacht, will ich gar nicht reden: Werturteile in einem wissenschaft- lichen Traktat wirken auf mich wie Steine im Erbsenbrei. ' Wenn ich von praktischen Gründen sprach, die uns veran- lassen, auf Werturteile in der Wissenschaft zu verzichten, so wollte ich damit diejenigen bezeichnen, ‘die es zweckmäßig erscheinen lassen, Wertungen zu vermeiden, weil diese geeignet sind, außerhalb der Wissenschaft selbst gelegene Schäden zu verursachen. Eine „wertende‘“ ‚Wissenschaft — ein Widerspruch im Beiwort! — trägt nämlich dazu bei, sowohl das Ansehen der Wissenschaft zu ver- Aingern, als die Würde des Werturteils zu vernichten. Eine wissenschaftliche Erkenntnis soll richtig sein und ihre Richtigkeit soll bewiesen werden können. Da nun ein Werturteil nie „richtig“ sein und noch viel weniger als „richtig“ bewiesen werden kann, so ergibt sich ‚das Paradoxon, daß die Wissenschaft ihrem innersten Wesen zuwider unbeweisbare Sätze als ihr Erzeugnis aus- gibt. Das muß aber das Vertrauen in die Wissenschaft notwendig verringern. Jemand, der hört, daß ein und dieselbe Wissenschaft den Schutzzoll und den Freihandel. die Notwendigkeit und Verwerflich-