341 seelen lebendig werden, so auch das wissenschaftliche Werk von Rang. Wenn das Wort wahr ist, daß alles Wissen in letzter Linie von der Gottheit und für die Gottheit ist und daß jedes Wissen soviel wert ist, als Ewigkeitserkenntnis in ihm steckt, dann muß man auch den Eigenwert des geistwissenschaftlichen Werkes gelten lassen. Und muß einen Wert darin erkennen, auch ohne irgendwelchen „praktischen“ Nutzen, ja selbst auch ohne an die fördernde Wirkung zu denken, die sie auf den Schöpfer oder auf ihre Leser ausüben, wenn Werke wie Foustel de Coulanges Cite antique oder Burckhardts Kultur der Renaissance oder Carlyles Geschichte der französischen Revolution überhaupt in der Welt sind. | Es ist einleuchtend, daß durch diese ihre Eigenart die Kultur- wissenschaften eine ganz besondere Stellung im geistigen Haushalt der Menschheit einzunehmen berufen sind: sie sind ein Luxus im wahrsten Sinne des Worts. Sie gestatten keine Auswertung zur Be- friedigung eines Massenbedarfs, wie die Naturwissenschaften, wie aber auch die Kunst und selbst die Philosophie in einzelnen ihrer Zweige, etwa der Ethik. Sie sind nicht gemeinschaftsbildend und kultisch verwertbar wie die reine Kunst: sie sind individualistisch und protestantiseh. Sie sind, soziologisch gesprochen, der Aus- druck des einzigen Aristokratismus, dessen die bürgerliche Kultur fähig gewesen ist, und sie werden deshalb vielleicht mit dieser Kultur verschwinden: in einem Lande wie Sowjet-Rußland haben sie keinen Platz mehr. Als eine Verarmung der Menschheit wird ihren Verlust nur derjenige mit mir empfinden, für den der Wert einer Kultur- erscheinung nicht durch die Zahl der Personen bestimmt wird, die an ihren Segnungen teilnehmen, und der mit mir überzeugt ist, daß auch das Leben, das auf der Erde aufleuchtet, in seinem Werte nicht gesteigert wird durch die Menge der Fälle, in denen es sich wieder- holt. Wer aber dieser Auffassung ist, der wird sich dafür einsetzen, daß ein kostbares und einziges Gut wie die jungen Geistwissen- schaften, zu denen die Nationalökonomie eben doch gehört, vielleicht als ihr bescheidenstes Glied, der Menschheit nicht verlorengeht, Und gerade die Nationalökonomie ist in unserer Zeit in ihrem Be- stande schwer bedroht. Wie sehr ihr Dasein zwischen den beiden robusteren Schwestern: der Heilslehre und der Kunstlehre, zefährdet