42 IV. Das Ziel des Meistbegünstigungsanspruches. des Zolltarifs zugrunde liegen. Stuft sich z. B. bei den Garnarten der Zollsatz entsprechend dem Preise der einzelnen Garnnummern, so wird man die Durchbrechung dieses Grundsatzes für gewisse Garnnummern, die sich faktisch als Privilegierung eines bestimmten Landes auswirkt, mangels einer anderen sachlichen Begründung als ungerechtfertigt an- sehen müssen. — Wenn auch einzelne Fälle zweifelhaft liegen mögen, so wird sich doch meist erkennen lassen, ob eine Exposition sachlich motiviert ist oder nur mit Rücksicht auf die bestehenden Meistbegün- stigungsverpflichtungen geschaffen wurde. Diese Auffassung wird be- stätigt durch die Bestimmungen, die sich in einigen Zolltarifgesetzen finden, daß nämlich im Tarif nicht genannte Waren ihrer Natur nach sntsprechenden Positionen zuzuteilen sind. (Vgl. das Bundesgesetz zum schweizerischen Zolltarif vom ı1o. Okt. 1902, Art. 2.) Der Gesetzgeber geht also davon aus, daß sich aus der Systematik des Tarifs grundsätz- lich die zollpolitische Behandlung auch der nicht genannten Waren ab- lesen läßt. In der Schweiz sind die für den Aufbau des Zolltarifs leiten- den Grundsätze in großen Zügen sogar verfassungsmäßig festgelegt. Vgl. Schweizerische Bundesverfassung: Art. 29: „Bei Erhebung der Zölle sollen folgende Grundsätze beachtet werden: I. Eingangsgebühren: a) die für die inländische Industrie und Landwirtschaft erforder- lichen Stoffe sind im Zolltarif möglichst gering zu taxieren, b) ebenso die zum nötigen Lebensbedarf erforderlichen Gegen- stände, c) die Gegenstände des Luxus unterliegen den höchsten Taxen. Die Grundsätze sind, wenn nicht zwingende Gründe entgegenstehen, auch bei Abschließung von Handelsverträgen mit dem Auslande zu befolgen.““ Der französische Zolltarif vom Jahre 1852 wurde durch die Tarif- revision des Jahres 1910 stark spezialisiert. Charakteristisch ist die Kritik, die FARRA?! an diesem neuen Tarif übt: «Comme on le voit, la nouvelle tarification francaise sera bien superieure a l’ancienne. Les nouvelles industries seront Pr&vues — — — Cette reforme etait necessaire. Mais sera-t-elle suffisante? La France a realise des specialisations en augmentant les positions de son tarif, mais ces specialisations visent elles bien telles ou telles CONncurrences Strangeres? Dans le nouveau tarif francais la nomenclature est plus scientifique. Mais tel n’est pas le but exclusif des speclalisations ailleurs :t particulierement en Allemagne. Ces specialisations ont, en effet, prin- * FARRA: Les effets de la clause de la nation la plus favorisee et la specialisation des tarifs douaniers, Paris 1910, S. 193.