27 von Anfang an grundsätzlich überhaupt ab, weil sie ihm verdächtig war als eine Summe, wie er meinte, kleiner Mittelchen, die Lage der Arbeiterschaft zu bessern, die schließlich hierdurch von der revo— lutionär⸗antikapitalistischen Gegenfätzlichkeit, auf der die politische Lehre Marx' beruhte, abgewendet werden könnte. In der Zwischenzeit ist diese Ablehnung der Sozialpolitik immer mehr von der Sozial— demokratie fallen gelassen worden, weil sie unter dem Einfluß der Gewerkschaften nicht länger auf praktische Mittel der Verbesserung der Arbeitnehmer auch in der gegenwärtigen Wirtschaftsordnung verzichten konnte und zudem der Glaube an die alsbaldige radikale Durchführung der neuen sozialistischen Wirtschaftsordnung immer mehr verblaßte. Wenn nun Heimann die Sozialpolitik als gewolltes evolutionäres Fortschreiten zum Sozialismus betrachtet, so kann gewiß mancher Beleg beigebracht werden, daß dieses Ziel manchen mitwirkenden Kräften vorschwebt und diese in ihren Forderungen be— stimmt; aber es kann dadurch doch die Berechtigung der Sozial— politik nicht aufgehoben und auch der Wille der deutschen Unter— nehmerschaft zu ihr nicht beseitigt werden; nur die Wachsamkeit wird verschärft werden müssen, daß nicht unter der Marke der Sozialpolitik sozialistische Politik getrieben werde, ein Gesichts— punkt, der auch für die christlichen Gewerkschaften und vor allem für die Staatsführung wichtig sein muß. Es bleibt die Aufgabe der Sozialpolitik, die soziale Pflichterfüllung in der Privatwirtschafts— ordnung und dadurch hinwieder auch diese zu sichern. Dies gilt vor allem auf dem wichtigsten Gebiete, dem der Arbeitspolitik. Die Gleichberechtigung beider Teile im Arbeitsvertrag, auch im kollektiven Arbeitsvertrag, ist selbstverständ⸗ lich. Aber die Lohnpolitik muß Sache der Verantwortung der beiden Vertragsteile bleiben. Die Aufgabe des Staates, mit seinem Friedensgebot einzugreifen, muß in Voraussetzungen und Inhalt enger begrenzt und an viel stärkere Voraussetzungen gebunden werden, daß es sich hierbei wirklich um Verhütung eines äußersten Notstandes durch einen Spruch handelt, der auch den Erfordernissen und Leistungsmöglichkeiten der Wirtschaft genügt. Denn so wenig das eherne Lohngesetz Lassalles gilt, nach dem der Arbeiter immer nur an der Mindestgrenze des zur Reproduktion notwendigen Existenzminimums sich bewegen muß, ebensowenig kann es ein goldenes Lohngesetz geben, als ob das Arbeitsentgelt von allen Schwankungen der Wirtschaftslage und ihrem Risiko frei sei