Ich hatte einen für eine Unterhaltung mit dem Negus günstigen Platz. Wir sprachen französisch, und ich war in der Wahl meiner Worte sehr vorsichtig, um nicht jene Geste hervorzurufen, vor der ich von Gesandtschaftsmitgliedern gewarnt worden war, und die darin besteht, daß man den Kragen des schwarzen Seidencapes aufhebt und eine Seite des Gesichts damit verdeckt. Diese Form ist bei den abessi— nischen Aristokraten gebräuchlich und drückt Betrübnis, Mißfallen oder Abscheu aus; sie will sagen: „Du und dein Atem beleidigen mich.“ Die Sitte stammt aus jenen Zeiten, als man es noch nicht nötig hatte, zu allerhand Fein⸗ heiten seine Zuflucht zu nehmen, wenn man seine Abneigung ausdrücken oder verbergen wollte. Glücklicherweise verhüllte Ras Taffari sein Antlitz nicht vor mir, obwohl ich nahe daran war, dieses Mißgeschick zu erfahren, nämlich in dem Augenblick, als ich zu ihm sagte, ich würde mich freuen, in Addis Abeba einem militärischen Schauspiel beiwohnen zu können. Auf Grund von Mitteilungen, die ich erst spüter erhielt, wurde mir klar, daß diese Bemerkung etwa ebenso ungeschickt war wie diejenige einer Dame, die London be— suchte und zum König sagte, daß sie den lebhaften Wunsch hätte, während ihrer Anwesenheit eine Krönung zu erleben. Obwohl die letzte Entfaltung militärischer Kräfte in Addis Abeba, die mehr infolge eines Versehens und sehr überstürzt stattgefunden hatte, schließlich zugunsten Ras Taffaris aus— gelaufen war, beschwor sie doch eine große Gefahr für seine ehrgeizigen Pläne herauf, und noch jetzt war die allgemeine Lage innerhalb seines Reiches nicht so ruhig, wie er es wünschen mochte. Ich erzähle hier die Geschichte dieser letzten Vorgänge, wie fie mir von Angehörigen der Gesandtschaften berichtet 36