leum, dem Meisterwerk eines deutschen Architekten, über— geführt. In diesem Jahre sollte die Erinnerung an den großen Menelik mit großer Zeremonie, die seiner Bedeutung entsprach, gefeiert werden. Ein einziger Europäer außer mir war durch die frühen Kanonenschläge veranlaßt worden, das Bett zu verlassen. Als ich das Mausoleum betrat, war die Feier bereits in vollem Gange. Ein Kreis kniender Priester in weißen Ge— wändern und mit weißem Turban umgab den Sarkophag. Vor jedem von ihnen stand ein Pult, auf dem ein aufge— schlagenes Buch ruhte. Alle diese frommen Männer sangen, doch sang jeder andere Worte und nach einem anderen Rhythmus. In das Mausoleum hinein strömte eine lange Reihe von Priestern und Mönchen, die sangen und den Takt mit den in hochgehobenen Händen gehaltenen Rasseln angaben. Weihrauchgefäße tragende Altardiener gingen vor dem Hohenpriester her, der das Innere des Mausoleums um— schritt und ein griechisches Kreuz, von dem Bänder herab— hingen, in den Händen trug. Dieses Kreuz wurde jedem an der Feier Teilnehmenden dargeboten, damit er das darauf angebrachte, mit Email überzogene Porträt der Jungfrau küssen möge. Während ich diese Zeremonie beobachtete und abwartete, ob man auch mir das Kreuz reichen würde, teilte mir mein Dolmetscher mit, daß die Ankunft des Negus be— vorstände. Ich begab mich ins Freie, und von den Stufen des Mausoleums erblickte ich die Prozession, die sich vom Palasthügel herunterzog. Soldaten, Geistliche, Hofbeamte — der Negus war der am wenigsten glänzend angezogene von allen Teilnehmern dieses ganzen Schaugepränges. Er 17