Räuber für seine Taten strafte, statt sich um seine Heilung zu bemühen. Obwohl ich seit meiner Ankunft in Abessinien viel von Räubern gehört hatte, war dies doch die erste Begegnung mit einem solchen. Das Gebiet schien voll von ihnen zu sein. Erst kürzlich hatte eine Bande die kleine Tochter einer Schan⸗ kala⸗Frau, die Wasser zur Mission brachte, weggeschleppt. Da das Kind acht Jahre und demgemäß heiratsfähig war, hatte die Mutter keine Hoffnung, es je wiederzusehen. Aber zehn Tage später kehrte es zurück. Es hatte eine Gelegenheit ge— funden, zu entschlüpfen, während die Räuber in tiefem Schlaf lagen nach den Anstrengungen eines Mahls, bei dem sie einen Ochsen verzehrt und das rohe Fleisch mit Honigwein hinuntergespült hatten. Der Ochse und der Tetsch entstamm— ten wahrscheinlich einem den Räubern gelieferten Dergo. Als Baurs Räuber in Jenda waren und die Gelegenheit, in die Mission einzubrechen, abwarteten, waren sie von den Dorfinsassen mit Lebensmitteln versorgt worden. Diese Hal⸗ tung der Einwohnerschaft gegenüber den Räuberbanden geht auf zwei Ursachen zurück. Im allgemeinen bilden die Räuber nur eine Gefahr für Reisende. Sie unterhalten einen Nach⸗ richtendienst und sind lange vorher über die Ankunft von Karawanen unterrichtet, über die Anzahl der dazugehörigen Männer und Tiere und über die transportierten Waren. Die Dorfbewohner haben mit Ausnahme der Beitreibung des Dergos nichts zu fürchten. Der andere Grund für ihre fried⸗ liche Haltung ist der, daß die Räuber tatsächlich keinen be— sonderen Stand darstellen, sondern die Einwohner können alle an diesen Raubzügen teilnehmen und tun es auch. Einem Beamten, der mit seinem Schicksal unzufrieden ist, fällt es nicht schwer, sich den Räubern anzuschließen. Man 1533