Die Psychologie der Reichsfinanzreform. Vortrag von Regierungsrat Quensel. Nebst Diskussion. Lassen Sie mich zunächst, meine Herren, Ihrem Vor stande danken, daß er mir die Gelegenheit bietet, vor einem so sachverständigen Publikum über das wichtige Thema der R.F.R. zu sprechen. Uebrigens würde ich es nicht wagen, mit einem Vortrage über das an sich so nüchterne Thema vor Sie hinzutreten, wenn ich nicht hoffte, mit einigen neuen Gesichtspunkten aufwarten zu können. Die gesamte Volkswirtschaft erwartet mit Spannung ein Gelingen des Werkes, das auch dem ökonomischen Leben der Nation neuen Anstoß geben soll. Die Fassung des Themas ermöglicht es mir, rein politische Fragen tunlichst unberührt zu lassen, wie ich auch bemerken möchte, daß ich dem Schatzamte nicht angehöre. Ernster, wie je, liegen die Verhältnisse auf dem Gebiete der Reichswirtschaft und so schwierig, daß zu ihrer Beseiti gung die Mitarbeit des gesamten Volkes dringend notwendig erscheint. Unsere Finanznot besteht, wie jeder weiß, darin, daß die enormen Ausgaben der Neuzeit von den Einnahmen seit langem nicht mehr gedeckt werden. So wurde man ge zwungen, entweder den Reichsgliedern immer neue Zuschüsse aufzuladen oder andauernd neue Schulden aufzunehmen. Beides gleich verhängnisvoll. Bedenkt man, meine Herren, daß die Frage der R.F.R. zwar im Mittelpunkte der öffentlichen Erörterung steht, dennoch aber in den weitesten Kreisen nur geringes Interesse, ein noch geringeres Verständnis für die wahre Bedeutung Volkswirtschaftliche Streitfragen. 77