4 80 heit beizutragen. Dieser Mangel an Oplerwilligkeit auch beim Reichstage hat durch dessen wiederholtes Versagen bei den Versuchen der Regierung, neue Einnahmequellen zu er schließen, zweifellos zu dem schnellen Anwachsen der Reichs schuld erheblich mitgewirkt. 3. Eine weitere indirekte Ursache der Wirtschaftsnot liegt in der mangelhaften, unrationellen Verwendung des Einkommens in den privaten, wie in den Gemeinwirtschaften. Gerade hier offenbart sich beim Deutschen ein seltsamer Dualismus des Charakters, der sich zeigt einerseits in der wohl ausgebildeten Fähigkeit, Güter zu erzeugen, ander seits in der Unfähigkeit, seine Mittel rationell zu verwalten. So sehr anerkannt werden muß, daß er in der Gütererzeugung und damit in der Schaffung der Vorbedingungen für eine Reich tumsbildung Eminentes geleistet, ebenso muß betont werden, daß er von den selbstgeschaffenen Gütermengen einen wirklich wirtschaftlichen Gebrauch zu machen, bis heute nicht ge lernt hat. Und warum? Weil er von seinem Einkommen einen zu großen Teil verzehrt, einen zu kleinen an häuft. Namentlich pflegt er seinen Nahrungstrieb zu gut; allein für die Alkoholien verausgabt er weit über 3 Milliarden jährlich, und für das Essen gewiß nicht weniger. Die gebildeten Ausländer halten sich darüber auf und alle hervorragenden Hygieniker bestätigen es, daß wir Deutsche ganz allgemein zu stark essen und zu viel trinken. Leider verbieten es Zeit und Raum auf das gerade zu dieser Frage in erdrücken dem Umfange vorliegende Material näher einzugehen. Diese Extreme beruhen teils auf Gewohnheit, teils auf einem be dauernswerten Mangel an Selbstbeschränkung, zu deren Aus übung allerdings ein derartiges Maß von Selbstüberwindung, Energie und Ausdauer gehört, wie es beim Fehlen ausreichen der Erziehung in der Kinderstube leider nur wenige Landsleute besitzen. Dieser Mangel an Erziehung bringt doppelten Nach teil; einmal verursacht er großen wirtschaftlichen Schaden, indem er nicht allein zu viel Geld kostet, sondern auch unsere Schwerfälligkeit und Langsamkeit in der Entschluß fassung erheblich vermehrt, und zum andern läßt er uns in den Augen des Auslandes als eine Art von Barbaren erscheinen, was unsere Sympathien da draußen gewiß nicht vermehrt. Solch unrationelles Gebaren in der Privatwirtschaft über trägt sich in andern Richtungen auf die Wirtschaften der Gemeinwesen, so daß auch in solchem eine der Hauptursachen der Schuldenwirtschaft zu suchen ist, wofür es mir gestattet sei, Ihnen, meine Herren, aus den Rechnungen des Reiches eine eklatante Ziffer zu geben: