Full text: Die soziale Frage und der Sozialismus

IV 
nau Anwendung finden, die Karl Marx im Borwort zur zweiten 
Auflage seines „Kapital" niederschriebI 
„Die gelehrten und ungelehrten Wortführer der deutschen 
„Bourgeoisie haben das „Kapital" zunächst totzuschweigen 
„versucht, wie ihnen das mit meinen früheren Schriften ge- 
„lungen war. Sobald diese Taktik nicht länger den Zeit- 
„verhältnlssen entsprach, schrieben sie, unter dem Vorwand, 
„mein Buch zu kritisieren, Anweise „Zur Beruhigung des 
„bürgerlichen Bewußtseins«." 
Durch einige leichte Abänderungen des Textes läßt sich, mei 
ner Empfindung nach, der Wortlaut genau der Situation anpassen, 
in der ich mich seit nunmehr achtzehn Jahren der von Ihnen 
geleiteten Richtung gegenüber befinde. 
Von einem Manne Ihrer wissenschaftlichen Autorität und 
Vergangenheit habe ich solche objektiven Mißgriffe nicht zu be 
fürchten, und deshalb wage ich die in der Tat sehr „mutige" Bitte, 
daß Sie persönlich das kritische Schwert zur Hand nehmen mögen. 
Es ist wahr, daß ich vor fast einem Jahrzehnt einmal gegen 
die Ihren sehr grob geworden bin. Ich benutze diese Gelegenheit, 
um dafür mein Bedauern auszusprechen. Nicht etwa, um Ihnen 
einen Vorwand zu nehmen, der Ihnen ermöglichen würde, dem 
von mir erbetenen Waffengange auszuweichen, sondern weil ich 
in der Tat zu der Überzeugung gelangt bin, daß der Mensch im 
Durchschnitt nur das tut, sagt und schreibt, was ihm der Druck 
und Zug seiner sozialen Umwelt aufzwingt. „Die Menschen sind 
Somnambulen", sagt Gabriel Tarde. Ich begreife heute voll 
kommen. daß die Schüler von Karl Marx jeden Angriff gegen 
die Lehre ihres Meisters zunächst als freche Anmaßung empfinden. 
Sie werden hoffentlich meine ergebene Bitte nicht aus dem 
Grunde ablehnen zu müssen glauben, daß ich Ihres Schwertes 
unwürdig fei. Meine persönliche Ehrenhaftigkeit steht, so hoffe 
ich, außer Frage; und in der Republik der Wissenschaft hat der 
Geringste, wenn er ihren Regeln folgt, alle Rechte ihrer Fürsten. 
Da die wissenschaftliche Fechtkunst leider ganz und gar ver 
fallen ist, ist es mir wohl gestattet, die, um im Bilde zu bleiben
	        
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