Full text: Die Lehren des Marxismus im Lichte der russischen Revolution

listischen Entwicklung führt, nach Marxens Ansicht, zu der 
unwiderleglichen Schlußfolgerung, daß der Kapitalismus un- 
abwendbar seinem eigenen Untergang zustrebt, und daß in 
seinem Schoße Elemente einer neuen sozialen Ordnung, und 
zwar der sozialistischen, heranreifen. Für die aktuelle Auf- 
gabe seiner Zeit hielt daher Marx nicht die Gründung kleiner 
gesellschaftlicher Gruppen auf sozialistischer Grundlage, son- 
dern die Aufklärung und die Organisation des Proletariats 
als einer Klasse, die dazu berufen sei, in einem bestimm- 
ten Zeitpunkte der sozialwirtschaftlichen Entwicklung — im 
Augenblick der Endkrisis des Kapitalismus — den Umbau 
der ganzen Gesellschaft auf sozialistischer Grundlage in ihre 
Hände zu nehmen. 
Im Zusammenhang damit änderte sich aber auch der 
sigentliche Inhalt der sozialistischen Lehren. Hatten die 
atopischen Sozialisten die Aufgabe des Aufbaus einer neuen 
Gesellschaft in den Vordergrund geschoben, so konzentrierte 
der wissenschaftliche Sozialismus seine Hauptaufmerksam- 
keit auf die kritische Erforschung des bestehenden Systems 
der Volkswirtschaft, sowie auf die Erklärung der Entwicklung 
dieses Systems. Gewiß durch diese Entwicklung werden 
angeblich auch einige Grundlagen der kommenden soziali- 
stischen. Gesellschaft vorgezeichnet, allein mit der Aufgabe 
einer systematischen Konstruktion dieser Gesellschaft hat 
sich Marx nicht befaßt. 
Ebensowenig widmeten dieser Aufgabe ihre Aufmerksam- 
keit Marxens Anhänger. Selbst ein so vielseitiger und. aus- 
aehmend fruchtbarer Schriftsteller wie Karl Kautsky, der 
sich um die Erforschung‘ der sozialökonomischen. Vorgänge 
mit Hilfe der Methoden des Marxismus so verdient machte, 
blieb auf dem uns interessierenden Gebiete unfruchtbar. 
Die soziale Umwälzung, die sich in Rußland vollzog, schien 
die Aufgabe der Konstruktion des Sozialismus als einer posi- 
tiven Lehre endlich in ihrer ganzen Schärfe vor den russi- 
schen orthodoxen Sozialisten aufgestellt zu haben. Allein 
auch die russische sozialistische Literatur vermochte vorder- 
hand nach dieser Richtung hin nichts zu leisten. N. Bucha- 
tin, der hervorragende Theoretiker des Bolschewismus, be- 
gnügt sich in seiner „Ökonomik der Übergangsperiode‘. mit 
der Behauptung des alten Satzes des Sozialismus, daß die 
Kategorien der kapitalistischen Wirtschaftsordnung unter 
dem Sozialismus ihre Bedeutung einbüßen, machte aber 
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