V. DIE PLANTAGENLÄNDER DER ERDE 109
zwei Drittel der Welternte insbesondere für ihre gewaltige Automobil-
industrie kauften und fast ausschließlich über New York einführten.
In der Union kamen 1924 an Kautschukverbrauch 3,06 kg auf den Kopf
gegen 0,37 kg in Deutschland. In Europa sind Großbritannien, Frank-
reich und Deutschland die Hauptabnehmer. Ihre wichtigsten HEin-
fuhrhäfen für Kautschuk sind London, Le Havre und Marseille, Hamburg.
Die 1910 zum ersten Male gelungene synthetische Herstellung des künst-
lichen Kautschuks, die während des Krieges für uns wichtig war, ist vor-
läufig noch so teuer, daß sie bei dem starken Angebot des Naturproduktes als
Wettbewerb auf dem Weltmarkt nicht in Betracht kommt.
BAUMWOLLE
Die Baumwollfaser ist die Königin unter den Gespinstfasern und
nach dem Getreide der wichtigste Bedarfsartikel und das bedeutendste
Handelsgut der Weltwirtschaft.
Die Baumwollkultur ist in Indien und in den Ländern Ostasiens uralt.
Von dort kamen baumwollene Stoffe schon zur Zeit Alexanders des Großen
auch nach Europa. Sie blieben aber hier ein Luxusgegenstand und gegenüber
Stoffen aus Tierwolle von untergeordneter Bedeutung bis zur Mitte des 18. Jahr-
hunderts, Der Massenverbrauch beginnt erst mit dem gewaltigen Aufschwung des
Baumwollanbaus in den Vereinigten Staaten, der seinerseits mit der Erfindung
wichtiger Bearbeitungsmaschinen für Baumwolle zusammenhängt (Spinnmaschinen
verschiedener Systeme, Kraftwebstuhl, Entkernungsmaschine). Heute werden
Stoffe aus der leicht und dauerhaft gefärbten Baumwollfaser zur Bekleidung der
Menschen auf der ganzen Erde begehrt, so daß ‚man unser Zeitalter mit Recht
als das „baumwollene“ bezeichnet hat — Cotton is King!
Die Baumwolle ist eine subtropisch-tropische Pflanze, die zwischen
dem 40.° N und 30.° S gedeiht. Die für den Welthandel in Betracht
kommenden Mengen werden aber ausschließlich auf der nördlichen
Halbkugel erzeugt. Die Baumwolle verlangt beträchtliche Wärme und
Feuchtigkeit während der Zeit ihres Wachstums, aber möglichste Trocken-
heit für die Zeit der Reife und Ernte. In bezug auf Temperatur und
Niederschläge sind 200 ununterbrochen frostfreie Tage und 50—70 cm
Jahresregen die Mindestbedingungen ihres Wachstums (vgl. Abb. 85, S. 111).
Den geschilderten Anforderungen entsprechen am besten die
feuchten Teile der subtropischen Zone und diejenigen Ge-
biete der Tropen, die eine ausgesprochene Trockenzeit haben.
Die Pflanze, die auf den verschiedensten Böden angebaut wird, kommt
in fünf Hauptarten vor, von denen drei in Amerika und je eine in
Indien und in Afrika heimisch sind.
Erzeugung. Die Welternte der Baumwolle betrug in dem Ernte-
jahre 1926/27 rund 29 Mill. Ballen (6,6 Mill. t). Davon entfielen auf
die Vereinigten Staaten allein fast zwei Drittel (65%). Diese sind
damit der weitaus wichtigste Erzeuger. Früher waren sie das in noch
höherem Maße und lieferten zeitweilig drei Viertel des Weltbedarfs.,
Als aber infolge des amerikanischen Bürgerkrieges (1861/65) die Baum-
wollzufuhr nach Europa plötzlich aufhörte und dadurch eine schwere
wirtschaftliche Krise in England ausbrach, lernte man den Nachteil
solcher Abhängigkeit von den Vereinigten Staaten kennen. Daher setzten
die Engländer seit dieser Zeit alles daran, andere Länder, namentlich