DIE NATÜRLICHEN GRUNDLAGEN DER WIRTSCHAFT 9
Spaniens und im Ostjordanland, auch in vielen trockeneren Gegenden
Mittel- und Osteuropas ist ein guter Ausfall der Ernte von der Höhe
und der Dauer der Schneedecke abhängig. Endlich spielt auch die
Luftfeuchtigkeit eine Rolle. Die tropischen Gewächse würden in unseren
Gewächshäusern auch bei künstlicher Wärme- und Wasserzuführung
nicht gedeihen, wenn nicht auch zugleich für erhöhte Luftfeuchtigkeit
gesorgt würde. Das Inselklima Ceylons und Javas ist wegen der dort
herrschenden großen Luftfeuchtigkeit besonders gut für den Teebau
geeignet. Die Kokospalme geht aus demselben. Grunde nicht weiter als
300 km vom Meere binnenwärts.
Auch für die Weiterverarbeitung gewisser vegetabilischer Produkte,
wie für den Spinnprozeß des Flachses und der Baumwolle ist hoher Gehalt
an Luftfeuchtigkeit wichtig. In dem höheren Luftfeuchtigkeitsgehalt
der ozeanischen Länder Westeuropas ist wenigstens einer der Gründe
für eine gewisse Überlegenheit des dortigen Textilgewerbes gegenüber
den Unternehmungen der kontinental gelegenen Länder zu sehen. Schon
in Deutschland muß man die Baumwollspinnsäle mit Vorrichtungen zur
künstlichen Erhöhung der Luftfeuchtigkeit ausstatten.
Der Wind tritt, abgesehen von seinem Nutzen als Vermittler der
Befruchtung für viele Pflanzen, meist als Schädling der Pflanzenwelt
auf. Einmal, indem er durch seine Heftigkeit den Pflanzungen schadet,
andrerseits indem er plötzlich stark abgekühlte oder erhitzte Luft herbei-
führt. In verschiedenen Tropengebieten, z. B. in Mittelamerika und auf
den Philippinen, können wegen der dort regelmäßig auftretenden Wirbel-
stürme Pflanzungen nur an geschützten Stellen angelegt werden. Trotz-
dem ist der Windschaden auch an solchen oft noch groß genug. Die
kalten „Northers“ in der Union sind von dem Landwirt des Südens ebenso
gefürchtet wie die südlichen trockenen „Hot winds‘“ von dem der mitt-
leren und nördlicheren Gegenden. Der Mistral richtet in der Rhone-
ebene, der aus Nordafrika wehende Schirokko und Harmattan in süd-
lichen Teilen Italiens gelegentlich großen Schaden an.
Die Gewässer. Flüsse, Seen und Meer haben zunächst mittelbar
dadurch auf die pflanzliche Produktion großen Einfluß, daß sie das Klima
in einem meist dem Bodenbau günstigen Sinne verändern, Namentlich
in warmen Ländern sind in der Nähe des Meeres und großer Binnen-
gewässer Niederschlagsmenge und Luftfeuchtigkeit größer als in wasser-
fernen Gebieten. Auch wirkt das Wasser ausgleichend auf die Temperatur-
schwankungen. Obst- und Weinbau bevorzugen gern die Nähe von
Flüssen und Seen wegen der dort verringerten Frostgefahr. Daneben
ist nicht zu unterschätzen die Bedeutung, die Flüsse und Seen ’als
Lieferanten des Wassers für die künstliche Bewässerung haben. Ja
diese Bedeutung hat sich im Zeitalter der Technik ganz wesentlich
erhöht. Schon längst ist man für die Nennung von Beispielen nicht
mehr auf den Nil oder Euphrat allein angewiesen. Neben dem Stau-
damm von Assuan, dem neuen von Senaar, der eine Fläche fast von
der Größe des Freistaates Sachsen für Baumwollkultur bewässert, reden
das großartige „Irrigationswerk‘“ im Westen der Vereinigten Staaten
die Bewässerungsanlagen in Vorderindien, in Australien, in Chile, Argen-
tinien usw. eine deutliche Sprache.