28 ERSTER TEIL: GEOGRAPHISCHE GÜTERLEHRE
überholte und 1921 mit einem reichlichen Viertel der Welterzeugung
unbestritten an zweiter Stelle stand. Seitdem ist aber seine Förderung
schnell wieder zurückgegangen, sowohl absolut wie relativ; sie betrug 1927
nur noch 5,5% der Welterzeugung und ist damit wieder unter Rußlands
in letzter Zeit erneut schnell steigende Produktion gesunken. In den
allerletzten Jahren sind auch Persien und Venezuela in die Reihe
der größeren Produzenten eingetreten, neben denen sich Rumänien,
Britisch-und Niederländisch-Indien, Galizien als alte Ölländer be-
haupten und mehrere südamerikanische Staaten als neue geltend machen.
Die ältesten amerikanischen Ölfelder liegen im Osten der Union,
wo die Staaten Pennsylvanien, Ohio und West-Virginien mit
den benachbarten Teilen einiger anderer Staaten durch vierzig Jahre
bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts die Führung hatten. Noch 1901
lieferte der Osten mehr als acht Zehntel der amerikanischen Ausbeute.
Während aber diese alten appalachischen Ölgebiete schon seit
den neunziger Jahren einen starken Rückgang zeigten und die zeit-
weise sehr reichlich fließenden Quellen im Südosten von Texas sowie
die kleineren, am Golf von Mexiko gelegenen Felder in ihren Erträgen
stark wechseln, gewannen die großen Ölfelder Kaliforniens (nördlich
von Los Angeles) und die sogenannten Mid Continent-Felder der
Staaten Oklahoma, Kansas und Illinois immer mehr an Bedeu-
bung, und heute liefern Kalifornien und Oklahoma allein nahezu drei
Viertel der vereinsstaatlichen Ausbeute. Ganze Wälder mit Hunderten
von Bohrtürmen geben diesen Gegenden ihr Gepräge, und die Ein-
wohnerzahl von Los Angeles stieg von 100000 im Jahre 1900 auf
1260000 im Jahre 1925.
Der Schwerpunkt der amerikanischen Ölgewinnung rückte also allmählich
vom Osten nach den Präriestaaten und dem äußersten Westen. Das Petroleum des
Ostens liefert vornehmlich Leichtöl, Gasolin und Paraffin, während sich das des
Westens mehr zur Herstellung von Schmierölen und zuHeizzwecken eignet. Das
ist für den kohlenarmen Westen der Vereinigten Staaten von Bedeutung. Dort
sind nicht nur Lokomotiven und Dampfer auf Ölfeuerung eingerichtet, sondern
auch die Industrie geht immer mehr von der Kohlen- zur Ölfeuerung über.
Auf der Eisenbahn und in Rohrleitungen („pipe lines“) von vielen
tausend Kilometern Länge geht das Petroleum und zum Teil ‚auch
das Naturgas von den Erzeugungsstätten direkt in die Feueranlagen
der Industriezentren im Nordosten und Süden der Union und in die
Ausfuhrhäfen der Küste.
Die Hauptgebiete der seit dem Jahre 1910, wie erwähnt, sprung-
haft gestiegenen, bald aber ebenso sprunghaft wieder gesunkenen mexi-
kanischen Ölausbeute liegen in der Küstentiefebene des Golfs. Die
nördliche Region bei Tampico-Tuxpam, das 60 km lange „Goldene
Band“, liefert Schweröle, das südliche Feld bei Tehuantepec Leichtöle.
Neuerdings hat die Erschließung der großen Ölzone im ganzen öst-
lichen Vorland der Anden von Kolumbien bis Patagonien große Fort-
schritte gemacht. Namentlich hat Venezuela die Ausbeutung seiner
Lager am Ufer der Maracaibobucht so stark gesteigert, daß es heute
unter den Welterzeugern die vierte Stelle nach den Vereinigten
Staaten, Rußland und Mexiko einnimmt. Aber auch Kolumbien,