46 ERSTER TEIL: GEOGRAPHISCHE GÜTERLEHRE
Getreideausfuhr getreten. Jetzt steht sie mit rund zwei Fünfteln des
Gesamtexportes wieder an zweiter. Australien und Neuseeland
bringen neben großen Mengen frischen Hammelfleisches auch Er-
zeugnisse der Rinderzucht auf den Markt.
Die Ausfuhr dieser Länder hat sich besonders gesteigert durch die Ein-
führung des Gefrierverfahrens (Ende der 1870er Jahre), das es ermöglicht,
das Fleisch auf mehrwöchigen Reisen selbst über den Äquator hinweg ohne
Gefahr des Verderbens zu befördern. Die großen Schlächtereien Argentiniens
sind jetzt alle mit Gefrierhallen verbunden, und die Ausfuhr des Salz- und
Dörrfleisches ist gegen früher stark zurückgegangen!. Während des Krieges ist
auch in Brasilien, das bis 1914 noch Fleisch aus den La Plata-Ländern ein-
führte, eine schnell aufblühende Gefrierfleischindustrie entstanden, die in den
letzten Jahren durchschnittlich 70—80000 t Gefrierfleisch und Büchsenfleisch
zum Versand brachte. — Eine eigenartige und neben der Gefrierfleischbereitung
besonders wichtige Verwertung des Fleisches in den La Plata-Ländern ist die
Gewinnung des Fleischextraktes, Sie ist annähernd Monopol der Liebig-
Gesellschaft?, die in zwei Fabriken in Fray Bentos (Uruguay) und Colon
(Argentinien) die Erzeugnisse ihrer riesigen Viehestanzien in allen La Plata-
Staaten — davon 7 allein in Uruguay — verarbeitet. 300000 Rinder, 140000
Pferde und 100000 Schafe weiden auf den Farmen der Gesellschaft, Die Schlacht-
zeit dauert von Januar bis Juni.
Molkereierzeugnisse. Die großen Viehzuchtländer der Welt sind
naturgemäß auch die wichtigsten Ausfuhrländer für Molkereiprodukte.
An ihr sind auch noch europäische Länder infolge der dort im all-
gemeinen höher entwickelten Milchwirtschaft hervorragend beteiligt. In
der Buttererzeugung steht Dänemark an der Spitze aller Länder
der Erde, ihm folgen Neuseeland und Australien, die N jederlande,
Argentinien, Rußland, Irland und von den nordischen Staaten Schweden,
Finnland und die baltischen Staaten. Im letzten Jahrzehnt vor dem
Kriege lieferte auch Westsibirien in zahlreichen Butterzügen und
Kühldampfern große Buttermengen auf den westeuropäischen Markt,
Nach dem Zusammenbruch war die sibirische Butterindustrie auf
den innerrussischen Absatz angewiesen, hat aber gegenwärtig wieder
fast die Hälfte der alten Exporthöhe erreicht und schickt sich an,
seinen bedeutsamen Platz auf dem Londoner Markt wieder zu er-
obern. Der Hauptkäselieferant des Welthandels war bis 1923
Kanada, in den letzten Jahren wurde es von den Niederlanden
und Neuseeland überholt. Außer den Niederlanden sind Italien, die
Schweiz und Frankreich die wichtigsten europäischen Ausfuhrstaaten
für dieses Erzeugnis. Frankreich führt hochwertige Weichkäse, wie
Roquefort (aus den Causses), Camembert (aus der Normandie), Gervais u.a.
aus, dafür aber andere Sorten in nicht unbeträchtlicher Menge ein,
Der bedeutendste Abnehmer für fremde Molkereierzeugnisse ist
England, das zwei Drittel seines Butterverbrauches aus dem Aus-
lande, zur guten Hälfte aus Teilen des Imperiums, bezieht. Nach ihm
ist Deutschland der wichtigste Käufer; die Niederlande, Dänemark
und die Schweiz sind seine Hauptbezugsländer,
1 Die Anlagen der Gefrierfleischindustrie sind zum Teil sehr großzügig. Es gibt „Frigorificos“.
die bis zu 1000 Rinder und 4000 Hammel täglich schlachten.
2 Englische Abkürzung: Lemco /Liebie and Co.)