Full text: Weltwirtschaftliche und politische Erdkunde

76 ERSTER TEIL: GEOGRAPHISCHE GÜTERLEHRE 
der bewohnten Kontinente, in dem Meere, das diese von der baumlosen Ant- 
arktis trennt. Ihr Verlauf läßt sich nur mittelbar durch waldlose Inseln fest- 
stellen. Dabei ergibt sich, daß infolge des durch die großen Wassermassen des 
Südens bedingten ozeanischen Klimas die südliche Baumgrenze wie die süd- 
liche Getreidegrenze erheblich weniger weit gegen den Pol vordringt als die nörd- 
liche. Ihre südlichste Lage erreicht sie an der Südspitze Südamerikas, wo sie 
den 55.° überschreitet, dagegen bleibt sie im Bereich des Indischen und Atlan- 
tischen Ozeans weit hinter dem 50.° zurück und liegt auf dem Inselchen St. Paul 
bei 38°43’S — d. i. etwa die Breite von Sizilien — dem Äquator am nächsten. 
Die Gesamtausbreitung des Waldes. Nicht der ganze Raum zwi- 
schen der nördlichen Waldgrenze und den Südenden der Festländer 
ist für die Waldentwicklung geeignet. Vielmehr bilden die beiden sub- 
tropischen Trockengebiete in ihm zwei breite Gürtel waldlosen oder 
äußerst waldarmen Landes. Nicht nur die eigentlichen Wüstenländer, 
sondern auch die an ihren Rändern sich erstreckenden Steppenländer, 
ferner die Grasgebiete der Savannen, der Prärien und Pampas kann 
man als waldlose Bezirke bezeichnen. So gliedert sich jener Raum 
in fünf einander in abwechselnder Reihe folgende Gürtel, 
drei Waldzonen und zwei waldleere Regionen. Von den drei 
ersteren sind die beiden weitaus wichtigsten der nördliche Wald- 
gürtel zwischen der baumlosen hochnordischen Tundra und.der nörd- 
lichen Trockenregion und der tropische Urwaldgürtel zwischen 
den beiden Trockenzonen. Nur noch ein verhältnismäßig sehr kleiner 
Raum bleibt jenseits des südlichen Trockengebietes für das südliche 
Waldgebiet übrig. Da die Subtropen im Osten der Alten Welt unter 
der Einwirkung des Monsunklimas reiche Niederschläge erhalten und 
auch die subtropischen Gebiete Nord- und Mittelamerikas im Osten 
stärker benetzt sind als im Westen, besteht an der Ostseite beider 
Festen eine mehr oder weniger breite Verbindung zwischen dem tro- 
pischen und den anderen Waldgebieten, namentlich den nördlichen. 
Diese „Brückenwälder‘“ sind besonders artenreich, weil sich die Be- 
stände zweier Zonen in ihnen mischen. Nach ihrer Lage zueinander 
bezeichnet man wohl auch das tropische Waldgebiet als das innere, 
die beiden anderen als die äußeren Waldgebiete. 
Die Gesamtfläche aller drei Waldregionen beträgt schätzungsweise 
42 Mill. gkm, d. i. fast 30% des gesamten Festlandes (unter Nicht- 
berücksichtigung des Südpolarkontinentes), Davon entfallen etwa 
15 Millionen auf den nördlichen Waldgürtel und vermutlich mehr als 
25 Millionen auf den tropischen. Das Waldgebiet ist also reichlich 
zehnmal so groß wie die Getreideanbaufläche, der Wald also von allen 
Pflanzenformationen die am weitesten verbreitete. Früher hat sie offen- 
bar noch größere Ausdehnung gehabt, aber der Mensch hat auf allen 
Kulturstufen einen Kampf gegen den Wald geführt, um durch seine 
Verdrängung Boden für eine ertragreichere Ausnutzung zu‘ gewinnen. 
Ackerbauer und Nomadenvölker haben durch Abbrennen und Rodung 
große Flächen des alten Waldgebietes vernichtet. Auch natürliche Ur- 
sachen, z. B. Waldbrände, durch Blitzschlag bei großer Trockenheit 
entfacht, können die Waldfläche vermindern. Ferner hat man an der 
nördlichen Waldgrenze Rußlands und Sibiriens seit langem ein Vor- 
dringen der Tundra gegen das Waldland beobachtet, als dessen Ur-
	        
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