Die Montanwerte sind in diesem Jahre wieder etwas mehr in
den Vordergrund des Börseninteresses getreten, während sie
vorher lange Zeit zugunsten der sogenannten Favoriten vernach-
lässigt worden waren. Während der Gesamtaktien-
index (nach dem Statistischen Reichsamt) im Laufe
des Jahres von 146,59 auf 124,72 (im Oktober), also um 14,9%
zurückgegangen ist, beträgt die Einbuße bei dem Montan-
aktienindex nur 8,2% (von 130,85 auf 120,07). Auch bei den
Montanwerten entspricht aber die Verzinsung noch nicht
dem Risiko und hält keinen Vergleich mit den festverzins-
lichen Papieren aus.
DER KAPITALMARKT
Kapitalbildung fortschreitend, aber unzureichend
% Berlin, 21. Dezember
Der Angelpunkt der Wirtschaft
Im allgemeinen Überblick über die Wirtschaftslage 1929
siehe Seite 5) haben wir schon die wichtige Kapitalfrage
gestreift und festgestellt, daß einmal Deutschland in der
Kapitalversorgung weit mehr als früher auf sich selbst
gestellt war, zum andern, daß diese Kapitalversorgung trotz
einiger Fortschritte in der Kapitalbildung wiederum unge-
nügend war. Diese beiden Tatsachen drücken dem ganzen
Wirtschaftsjahr den Stempel auf. Man kann mit Fug und Recht
das Kapitalproblem das Zentralproblem nennen, und es
ist gewiß kein Zufall, wenn gerade dieser Fragenkreis auf allen
großen Tagungen des vergangenen Jahres (zuletzt noch in sehr
bedeutsamer Form auf der Berliner Industrietagung), in allen
Denkschriften, Wirtschaftsbetrachtungen usw. die Hauptrolle
spielt. Es ist sogar das Wort von der „Kapitalbildungspsychose“
geprägt worden, aber man kann wohl die kürzlich im Jahres-
bericht des Bankierverbandes ausgesprochenen Sätze unter-
schreiben; wären die Oeffentlichkeit und die verantwortlichen
Stellen viel früher und viel stärker von dieser „Psychose“ er-
griffen worden, so hätten sich die Folgen hiervon in erträg-
lichern Zinssätzen, verminderter schuldne-
rischer Abhängigkeit vom Ausland, vermehrter
Arbeitsgelegenheit und verbesserten Ver-
dienstmöglichkeiten für die arbeitende Bevöl-
kerung offenbart, und es würde die wirtschaftliche Krise
dieses Jahres erträglichere Formen angenommen haben. Schon
aus der obigen Feststellung ergibt sich deutlich, wie viele und
wichtige Fäden das wirtschaftliche und private Leben des ein-
zelnen wie unsrer Volksgemeinschaft mit dem Zentralproblem
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