Full text: Inlandskapital, Auslandskapital, Kriegstribute

627 5, Kapitel. Kapitalbildung und Börsenspekulation. 
Meinung, die Börse beanspruche nur Kredit und kein 
Kapital, wie sie zum Beispiel W. Federn in einem be- 
achtenswerten Aufsatz: „Börsenspekulation und Volks- 
wirtschaft“ im Österreichischen Volkswirt, Nr. 23—25, 
März 1929, vertritt, beruht auf der materialistischen 
Wirtschafts- und Kapitalauffassung und ist nicht durch- 
führbar, Nicht alle Börsenspekulation heruht auf Kredit 
und erst recht nicht auf Kreditschöpfung. Sie beeinflußt 
auch den Kapitalmarkt selbst dann, wenn man kurz- 
fristige Kredite nicht Kapital nennen will (siehe 
Kapitel 1). 
Auch die mit Kredit (Reportgeld) arbeitende Bör- 
senspekulation bindet Kapital und entzieht es der 
übrigen Wirtschaft, Und zwar um so mehr, je höher die 
Kurse durch die Spekulation getrieben werden. Dabei 
geht die Bindung von Kapital nicht proportional mit den 
Kurssteigerungen, sondern viel eher progressiv, weil bis 
zu einer gewissen Höhe der Konjunktur auch das DPu- 
blikum mit Kassageschäften. der Börsenspekulation 
nachläuft und so den Markt verbreitert, 
Die Bindung von Kaufkraft durch die Spekulation ist 
nafürlich um so stärker, je mehr Preissteigerungen und 
Umsatzsteigerungen sich kombinieren, je mehr sich die 
Preissteigerungen auch gerade auf die am meisten ge- 
handelten und.in größter Menge vorhandenen Effekten 
beziehen, Auch ist bekannt, daß sich eine Hausse- 
bewegung nicht nur personell, sondern auch sachlich 
immer mehr ausbreitet, immer weitere Aktien ergreift 
und damit immer mehr umlaufendes Kapital anderen 
Verwendungsarfen entzieht. . 
Ein weit verbreiteter Irrtum ist noch richtigzustellen. 
Der Umstand, daß nach Eintritt der Depression „kein 
Kapital frei wird“, kann nicht, wie die Frankfurter Zei- 
tung meint, als Beweis dafür gelten, daß die Kurssteige- 
rung kein Kapital absorbiert habe. Daß kein Kapital 
frei wird, beruht darauf, daß die Hausse zum großen 
Teil durch „Kreditschöpfung“ erfolgte, Hat ein Spe-
	        
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