Full text: Allgemeine Gesellschaftslehre

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stungsworte“) zur Verfügung stellt, erklärt sich sehr leicht aus dem 
Umstande, daß nicht nur jeder, der um Tun eines Anderen weiß, dieses 
Tun nicht in der Besonderheit von Muskelveränderungen, vielmehr nur 
in Wirkensbeziehung zu besonderen (wahrnehmbaren) Leistungen weiß, 
sondern auch jeder, der Etwas tun will oder tut, sein künftiges oder 
gegenwärtiges Tun nicht in der Besonderheit der Muskelveränderungen, 
sondern nur in Beziehung zu besonderen gewollten Leistungen weiß. 
Wer also etwas Besonderes tun will, der will derart tätig sein, daß sich 
in einem eigenen Muskelzustande die wirkende Bedingung für die Ver- 
wirklichung jenes Besonderen ergeben wird, er weiß zwar etwa, welche 
Muskeln, welche eigenen Leibesteile für solches Tun in Betracht kommen 
werden, er weiß aber nicht, welche besonderen Muskelveränderungen 
sich in diesem Tun ergeben werden, vielmehr bestimmt er sein künftiges 
Tun lediglich in der Beziehung des Wirkenszusammenhanges. zu 
weiteren, in ihrer Besonderheit gewußten Wirkungen, zu dem, was er 
tun will. Da aber jeder sein eigenes künftiges oder gegenwärtiges Tun 
nur in Beziehung zu beabsichtigten Leistungen weiß, dieses Tun „für 
sich“ aber, in der Besonderheit der Muskelveränderungen, ihm nur sehr 
unklar gegeben ist, muß auch die Meinung, daß der Übergang vom 
Wollen zum Tun durch besondere „kinästhetische Vorstellungen“, die 
„Reproduktionen“ früher erlebter Muskelveränderungen sind, vermittelt 
wird, als den Tatsachen nicht entsprechende Konstruktion abgelehnt 
werden, da eben der Tätige selbst zwar stets Muskelveränderungen auf 
Grund eigenen Wollens erlebt, aber durchaus „unklar“, so daß er gar 
nicht anzugeben vermag, vermittelst welcher. besonderer Veränderungen 
welcher besonderer Muskeln er besondere Leistung herbeigeführt hat, 
vielmehr etwa nur von den „Armmuskeln“, „Beinmuskeln“, „Sprech- 
muskeln“ usw. reden kann. Jener, der Etwas geleistet hat, weiß eben 
nie genau, „wie“ er es geleistet hat, d. h. er kennt nicht die Besonder- 
heit seiner Betätigungen, durch welche er jene Leistung vollbracht hat, 
und selbst wenn er etwa „Anatom“ und „Physiologe“ ist, kann er 
zwar etwa die Besonderheiten seiner Betätigungen „rekonstruieren“, 
weiß aber im Tun nicht um jene Besonderheiten. Die Feststellung 
aber, daß die Sprache uns nur „Leistensworte“, nicht „Tunsworte“ zur 
Verfügung stellt, bewahrt uns vor mancherlei Irrtümern. So wird z. B. 
behauptet, daß es „Wollen“ gebe, in welchem nur „Tun“ beabsichtigt 
sei, und als Beispiel für diese Behauptung wird etwa angeführt, daß 
der gewöhnliche Dieb Etwas „stehlen“ wolle, um es zu genießen, wäh- 
rend der „Kleptomane“ bloß „stehlen“, also bloß Etwas „tun“ wolle, 
Abgesehen nun von dem Umstande, daß auch der Kleptomane eigene 
Unlust entwirklichen und eigene Lust gewinnen will, ist aber „stehlen“ 
gar kein reines „Tun“, sondern ein „Leisten“, da sich in solcher Ver- 
kettung von Wirkenseinheiten stets auch die Ortsveränderung einer
	        
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