Full text: Allgemeine Gesellschaftslehre

Vergesellschaftung und Gesellschaft. "251 
besonderen Anspruch des Anderen“. Weiß ferner z. B. A, daß B ihm 
gegenüber behauptet habe, daß ihm, dem B, ein Wünschen besonderen 
Verhaltens des A. oder ein Fürchten besonderen Verhaltens des A zu- 
gehört, ohne daß aber A weiß, B habe ihm gegenüber behauptet, daß 
gerade sein Wissen um die Kundgabe jenes Wünschens oder Fürchtens 
als grundlegende Bedingung für die Verwirklichung eines auf A be- 
zogenen Unwertes in Betracht komme, so sieht sich A zwar der Be- 
hauptung eines Wünschens oder Fürchtens, aber keinem Anspruche 
gegenüber, es tritt bei ihm kein Anspruch-Glaube ein. Ein Anspruch- 
Glaube tritt eben nur ein, wenn ein Behauptungsadressat den Glauben 
gewinnt, daß ein Behauptender ihm nicht nur den Gedanken an ein 
ihm zugehöriges Wünschen oder Fürchten, sondern auch den Gedanken 
zugehörig machen wollte, daß gerade durch die Kundgabe jenes 
Wünschens oder Fürchtens eine Lage eingetreten sei, in welcher 
Erfahrung besonderen Verhaltens des Adressaten die wirkende Bedingung 
für die Verwirklichung eines auf den Adressaten bezogenen Unwertes 
abgeben wird, und erst in diesem zweiten Behauptungs-Glauben weiß 
der Adressat, daß dem Anderen ein Anspruch-Wollen zugehört 
hat, also das Wollen, den Adressaten dadurch zu einem besonderen 
Verhalten zu veranlassen, daß behauptet wird, durch die eben er- 
folgte Kundgabe besonderen Wünschens oder Fürchtens sei 
eine den Adressaten betreffende Unwertverwirklichungslage 
eingetreten. Sagt also z. B. A zu B: „Bringen Sie mir ein Glas 
Wasser, sonst bin ich böse!‘“, so liegen zwei von A. gebildete Sätze 
vor, in deren erstem A aussagt, daß ihm ein Wunsch nach besonderem 
Verhalten des B zugehört, in deren zweitem er aussagt, daß Wahr- 
nehmung der Nicht-Erfüllung jenes nunmehr kundgegebenen Wunsches 
ihm Unlust als einen auf den B bezogenen Unwert wirken würde. 
Keineswegs sagt also etwa A mit dem ersten Satze gleichzeitig aus, 
daß ihm jener Wunsch zugehört und daß diese gegenwärtige Aussage 
als Anspruch (hier: als Bitte) gemeint sei, was als Aussage über eigenes 
unmittelbar gegenwärtiges Aussagen unmöglich wäre, sondern er sagt 
nur mit dem zweiten Satze aus, daß durch den ersten Satz eine den 
B betreffende Unwertverwirklichungslage eingetreten ist. Da nun die 
erste Aussage allein noch gar kein Anspruch ist, sagt A auch 
Nicht etwa mit der zweiten Aussage aus, daß seine erste Aussage als 
Anspruch gemeint war, was sinnlos wäre, es findet sich also im ganzen 
Anspruche eigentlich keine Aussage darüber, „daß dies ein Anspruch 
sei‘, vielmehr zielt A. eben nur insofern auf einen Anspruch-Glauben 
des B, als er darauf zielt, ihm zunächst den Glauben an ein Wünschen 
oder Fürchten, und dann den Glauben an ein „Sollen“ zugehörig zu 
Machen, Aber auch dann, wenn A zu B in Anspruch-Absicht sagt: 
„Ich wünsche, daß Sie mir ein Glas Wasser bringen‘, zielt er mit
	        
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