Full text: Allgemeine Gesellschaftslehre

262 
Y. Kapitel. 
jenes Verhalten des B, in welchem er ein Glas Wasser bringt. Das 
„Anspruch-Ziel“ kann ferner, wie sich ebenfalls aus dem bereits Ge- 
sagten ergibt, im Wollen und Streben des Ansprucherhebers entweder 
als „zu Bewirkendes“ oder als „zu Förderndes“ gedacht sein, ist aber 
eben stets das „Beanspruchte“, also die Besonderheit jenes Verhalten- 
Seelenaugenblickes des Anspruchadressaten, auf welchen der Anspruch- 
arheber zielt. 
Das Wort „Verhalten“ ist, wie wir bereits dargelegt haben, ein 
„Sinnwort‘“, da es keineswegs bloß besonderes Leibliches, sondern „,be- 
sonderes gegenwärtiges Eigenleibliches‘‘ als Gewußtes besonderen 
emotionalen Seelenaugenblickes bezeichnet, eines Seelenaugenblickes, 
den wir bereits als ‚,‚Verhalten-Seelenaugenblick‘“ dargelegt haben. 
Keineswegs zielt also der Ansprucherheber bloß auf besonderes Leib- 
liches des Anspruchadressaten, sondern auf besonderes Leibliches als 
„Verhalten“, d. h. als Sinn besonderen Seelenaugenblickes des An- 
spruchadressaten. Um ‚„Leibliches‘““ wird nicht „geworben“, sondern 
lediglich Seelisches kann „Werbungs-Ziel‘“ sein. Es ist auch zu be- 
achten, daß jener, der einen Unterlassungs-Anspruch erhebt, keineswegs 
immer darauf zielt, dem Anspruchadressaten besonderes Leibliches zu- 
gehörig zu machen. Sagt z. B. A zu B: „Bleiben Sie sitzen!‘ (= „Stehen 
Sie nicht auf!“), so gehört das Leibliche „Sitzen‘‘ dem Anspruchadres- 
saten bereits zur Zeit der Ansprucherhebung zu, muß ihm also 
gar nicht zugehörig gemacht werden. Wohl aber zielt A in solchem 
Falle darauf, dem B einen besonderen Verhalten-Seelenaugenblick zu- 
gehörig zu machen, er zielt nämlich, wie wir auch sagen können, darauf, 
dem B jenes Sitzen nunmehr ‚,als besonderes Verhalten“, nämlich 
„Unterlassen‘“ zugehörig zu machen. Allerdings findet sich in der Welt 
auch mannigfaches Wollen und Streben, in welchem darauf gezielt wird, 
zinem Ander-Leibe besonderes Allgemeines zu wirken, ohne daß um 
besonderen Verhalten-Augenblick der mit jenem Leibe zusammen- 
zehörigen Seele „geworben‘“ wird. Aber jener, der von einem An- 
deren Etwas beansprucht, wirbt um besonderen emotionalen Seelen- 
augenblick des Anderen, in dessen „Sinn“ sich „wahrgenommenes be- 
sonderes Eigenleibliches‘“ findet. Dieser Sachverhalt, daß nämlich mit 
iedem Anspruche um besonderen ‚,‚Verhalten-Seelenaugenblick‘“ ge- 
worben, ein besonderes ‚, Verhalten‘ beansprucht wird, tritt noch deut- 
ücher hervor, wenn wir prüfen, was eigentlich mit dem Worte „An- 
sprucherfüllung‘“ gemeint ist. Zunächst muß festgestellt werden, 
daß die „„Ansprucherfüllung‘““ nicht zu verwechseln ist mit der Erfüllung 
jenes emotionalen Seelenaugenblickes, welcher von jedem Anspruch- 
erheber kundgegeben wird, Denn dieser Seelenaugenblick kann nicht 
aur „lügenhaft‘“ kundgegeben werden, sondern kann ein besonderes 
„Fürchten‘“ sein, das mit der „Ansprucherfüllung‘‘ nicht „erfüllt“, sondern
	        
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