Full text: Allgemeine Gesellschaftslehre

268 
V. Kapitel. 
Die „Fragen“ sind entweder „durch Unwissenheit des 
Frage-Stellers bedingte Fragen“ oder „durch Ungewißheit 
des Frage-Stellers bedingte Fragen“. Eine „durch Unwissen- 
heit des Frage-Stellers bedingte Frage“ liegt vor, wenn der Frage- 
Steller um ein Urteil wirbt, mit welchem ein Gedanke bedeutet wird, 
hinsichtlich dessen „Bestimmendem“ er gar keinen Gedanken hat. 
Solche Fragen sind z. B.: „Was ist das Recht?‘, oder „wie sieht A 
aus?‘ oder „welche Krankheit hat B?“. Hingegen liegt eine „durch 
Ungewißheit des Frage-Stellers bedingte Frage‘ vor, wenn der 
Frage-Steller um ein Urteil wirbt, mit welchem eine Gedanke bedeutet 
wird, hinsichtlich dessen ‚„Bestimmendem‘“ er zwar zwei oder mehrere 
besondere Gedanken hat, jedoch in „Ungewißheit‘ ist. Solche Fragen 
können wir daher auch als „Entscheidungs-Fragen‘“ bezeichnen, 
da mit ihnen auf Entscheidung besonderer Ungewißheit des Frage- 
Stellers gezielt wird. „Entscheidungs-Fragen“ sind auf „disjunktiv 
mehrfache Antworten gerichtete Fragen“, wie z. B. die 
Frage: „Ist das rot oder grün oder blau?“ oder „Hat A. Gallensteine 
oder eine Nierenentzündung“ oder „Fährt B nach Wien oder nach 
Berlin?“ Eine besondere Art der „Entscheidungs-Fragen“ sind die 
‚auf Bejahung oder Verneinung gerichteten Fragen“, mit welchen der 
Frage-Steller darauf zielt, seine Ungewißheit, ob besonderes Gegebenes 
besonderem anderen Gegebenen zugehört oder von ihm gesondert 
ist, zu beheben. Das „Ja“ oder „Nein“ in der Antwort auf solche 
Frage stellt stets ein „auf Satzübernahme gerichtetes Urteil“ 
dar. Frägt z. B. A den B: „Bleibt C hier?“, so ist in diese „Eigen- 
Wunsch-Behauptung“ stets eine andere „Eigen-Wunsch-Behauptung“ 
eingeschlossen, da solche Frage entfaltet lautet; „Sagen Sie mir 
nach ihrem Wissen, daß C hier bleibt oder nicht hier bleibt!“ Jede 
„Entscheidungs-Frage“ stellt überhaupt eigentlich eine besondere Ver- 
bindung mehrerer Eigen-Wunsch-Behauptungen dar, ist aber insofern 
eine Frage — eine Verhalten-Werbung —, als doch nur um eines 
von mehreren gedachten Urteilen geworben wird. Das Gegebene 
‚Entscheidungs-Frage“ ist nur eine besondere Art des Gegebenen 
‚Werbung um Entscheidungs-Behauptung“, dessen andere 
Art wir als „Entscheidungs-Quasi-Frage“ bezeichnen können. 
Mit einer „Entscheidungs-Quasi-Frage“ wird auf eine „Quasi-Antwort“ 
gezielt, nämlich auf eine Behauptung des Adressaten, mit welcher 
er nicht darauf zielt, besondere Ungewißheit des „Quasi-Frage- 
Stellers“ zu beheben, durch welche aber nach dem Wissen des 
Adressaten insofern eine Ungewißheit des „Quasi-Frage-Stellers“ 
behoben wird, als sie die wirkende Bedingung für ein besonderes 
Ereignis abgeben oder ein besonderes Ereignis ausschließen wird, 
hinsichtlich dessen Eintritt der Quasi-Frage-Steller in Ungewißheit
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.