Full text: Allgemeine Gesellschaftslehre

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V. Kapitel. 
Gesellschafter geleistete „Unterhaltung“ des Anderen meint. Keines- 
wegs aber kann etwa „Gesellschaft“ bestimmt werden als der Eintritt 
bzw. Nicht-Eintritt jener Leistung, welche der Verhalten-Werber durch 
das Handeln des Anderen bewirken bzw. durch das Unterlassen des 
Anderen ausschließen wollte, Denn jemand entspricht der Verhalten- 
Werbung eines Anderen und ist sein „Gesellschafter“, wenn er sich in 
werbunggemäßer Weise verhält, gleichgültig, ob durch dieses Verhalten 
der vom Verhalten-Werber gewollte Erfolg eintritt oder nicht, bzw. der 
vom Verhalten-Werber wider-gewollte Erfolg nicht eintritt oder eintritt, 
da ja dieser Erfolg auch ausbleiben, bzw. eintreten kann, weil der Ver- 
halten-Werber irrig angenommen hat, daß jener Erfolg durch solches 
Verhalten des Werbung-Adressaten herbeigeführt, bzw. ausgeschlossen 
wird. Die Rede vom „Gesellschaft leisten“ bedeutet also lediglich, daß 
jemand nur dann „Gesellschafter“ ist, wenn ihm ein besonderer Ver- 
halten-Seelenaugenblick zugehört. Jener, der sich „mit einem Anderen 
vergesellschaftet“, „sich ihm zugesellt“, sein „Gesellschafter“ ist, ist stets 
ein „Werbung-Entsprecher“ und „Gesellschaft“ ist niemals Etwas anderes 
als eine Beziehung zwischen einem „Verhalten-Werbung-Seelenaugen- 
blicke“ einer Seele und einem „Verhalten-Werbung-Entsprechung-Seelen- 
augenblicke“ einer anderen Seele. Ungenau, wenn auch nicht durchaus 
unzutreffend, ist also jene Lehre, nach welcher „Gesellschaft“ immer 
dann vorliegt, wenn jemand Etwas „für“ einen Anderen tut oder unter- 
läßt, sei es um die von einem Anderen emotional günstig gedachte 
Verwirklichung eines auf den Anderen bezogenen Wertes herbeizuführen 
oder die von einern Anderen emotional ungünstig gedachte Verwirk- 
lichung eines auf den Anderen bezogenen Unwertes auszuschließen, sei 
es um überhaupt die Verwirklichung eines auf einen Anderen bezogenen 
Wertes herbeizuführen oder die Verwirklichung eines auf einen Anderen 
pezogenen Unwertes auszuschließen. „ Vergesellschaftung“ als Handeln 
oder Unterlassen „für“ einen Anderen ist aber stets nur „Verhalten- 
Werbung-Entsprechung“, während in allen anderen Fällen des Handelns 
oder Unterlassens „für“ einen Anderen keine „Vergesellschaftung‘“, also 
auch keine „Gesellschaft“ vorliegt. Daß „Vergesellschaftung“ stets eine 
„Verhalten-Werbung-Entsprechung“ ist, kommt auch, wenngleich un- 
klar, zum Ausdrucke in jener Lehre, nach welcher „Gesellschaft“ als 
„Normbefolgung“ bestimmt wird, mit welcher Rede nur gemeint sein 
kann, daß jeder, der sich mit einem Anderen „vergesellschaftet“, ge- 
mäß besonderer an ihn gerichteter Verhalten-Werbung eine besondere 
Richtlinie „einhält“ bzw. „vermeidet“. 
Fragen wir nun allerdings die Vertreter jener Wissenschaft, die 
„Soziologie“ genannt ist, danach, was eigentlich „Gesellschaft“ ist, 
so werden wir zwar viele, aber keine einzige klare Antwort erhalten. 
Klar ist, daß das Wort „Soziologie‘“ vom lateinischen Wort ‚socius‘“
	        
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