Full text: Allgemeine Gesellschaftslehre

MB 
Zurechnung, welche sich darstellt als Erfüllung solchen Zurechnungs- 
Wollens, in welchem jemand darauf gezielt hat, wegen einer durch 
besonderes Verhalten eines anderen Menschen eingetre- 
tenen Verwirklichung eines auf den Zurechnenden bezogenen Un- 
wertes jenem anderen Menschen durch Verwirklichung eines auf ihn 
dJezogenen Unwertes Unlust zu wirken, wobei aber der Zurechnende 
weiß, daß er an der eingetretenen Unlust des Anderen „für sich“ (als 
„selbständigem Lust-Gegenständlichen“) Lust gewinnen wird. Mit der 
insbesondere in der Rechtslehre gangbaren Formel „Strafe und Exe- 
kution“ wird offenbar in unklarer Weise der Gegensatz zwischen „un- 
günstiger Zurechnung mit absichtlichem Unlustgewinn“ und „ungünstiger 
Zurechnung ohne absichtlichen Unlustgewinn“ gemeint. Von einer „Zu- 
rechnung ohne absichtlicher Gefühlveränderung“ unterscheidet sich aber 
die „Zurechnung mit unabsichtlicher Gefühlveränderung“, 
welche sich darstellt, als eine Zurechnun g, durch welche jener, dem 
zugerechnet wird, ohne Absicht des Zurechnenden Lust oder Unlust 
gewinnt. 
Ein „Zurechnender“ ist jeder Mensch, dem eine Zurechnungs- 
handlung zugehört, und zwar entweder ein „günstig Zurechnen- 
der“ oder ein „ungünstig Zurechnender“. „Zurechnungs- 
betroffener“ ist jene andere Seele, deren Interessengesamtzustand 
nach Absicht des Zurechnenden durch die Zurechnung‘ verschoben wird. 
Daß jemand von einer Zurechnung „betroffen“ wurde, heißt also keines- 
wegs stets, daß er durch die Zurechnung an Leib oder Seele verändert 
wurde. Ein „Zurechnungsbetroffener“ kann entweder ein „günstig 
Zurechnungsbetroffener“ oder ein „ungünstig Zurechnungs- 
Ddetroffener“sein. „Zurechnungs-Tatbestand“ („Zugerechnetes“‘) 
nennen wir jenes Ereignis, wegen dessen Eintritt eine besonderes Zu- 
‘echnungs-Wollen erfüllende Verbesserung bzw. Verschlechterun g des 
desondere Seele betreffenden Interessengesamtzustandes stattgefunden 
hat. Im „Zurechnungs-Wollen kann der „Zurechnun gs-Tatbestand“ ent- 
weder als bereits eingetretenes oder als künfti g eintretendes Ereignis 
gedacht sein, ist aber stets als solches Ereignis gedacht, welches der 
Zurechnung vorhergeht. Der „Zurechnungs-Tatbestand“ ist entweder 
ain „günstiger Zurechnungs-Tatbestand“ oder ein „ungün- 
stiger Zurechnungs-Tatbestand“ „Etwas wird jemandem 
zugerechnet“ heißt also niemals etwas anderes als: „Jemandes In- 
teressengesamtzustand wird kraft eines besonderer Seele zugehörigen 
Zurechnungs-Wollens in einer jenes Zurechnun gs-Wollen erfüllenden 
Weise verschoben“. Hingegen heißt: „Jemandem wird ein besonderes 
Ereignis zugerechnet“ niemals: „Es wird festgestellt, daß jenes Er- 
zignis durch sein Verhalten bedingt war“. Diese irrige Meinung vom 
Gegebenen „Zurechnung“ findet sich vor allem in der „Strafrechtswissen-
	        
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