VI. Kapitel.
und von besonderer, durch jenes Verhalten bedingten Wirkung die
wirkende Bedingung für eine dem Anspruchadressaten ungünstige Zu-
rechnung abgibt. Die Gegebenen „Haftung“ und „Schuld“ müssen
insoferne voneinander geschieden werden, als jemandes „Haftung für
Etwas“ stets seine Haftung für solches Etwas darstellt, das nicht sein
besonderes Verhalten ist, also solche Lage, kraft welcher ihm der Ein-
tritt bzw. Nicht-Eintritt besonderen Ereignisses, das nicht sein besonderes
Verhalten ist, ungünstig Zugerechnet werden wird, während „Schuld“
eben jede durch besonderen Anspruch begründete Lage ist,
welche die Gesamtheit jener Allgemeinen enthält, die als grundlegende
Bedingungen dafür in Betracht kommen, daß durch Erfahrung des An-
sprucherfüllungs-Wahrers von jenen Anspruch enttäuschendem
Verhalten des „Schuldners“ ein auf ihr bezogener Unwert verwirk-
licht wird. Während also „Haftung“ stets jemandes Betroffenheit von
ungünstiger Zurechnungslage darstellt, ist, wie sich aus bereits Gesagtem
ergibt, „Schuld“ keineswegs immer eine Betroffenheit von ungünstiger
Zurechnungslage, vielmehr auch oft eine Betroffenheit von einer Lage,
kraft welcher sich besondere Unlust jemandes als auf den Schuldner
bezogener Unwert verwirklichen kann. „A haftet mit Etwas für
Etwas“ heißt also stets, daß durch Erfahrung besonderer Seele vom
Eintritte bzw. Nicht-Eintritte besonderen Ereignisses, das kein Verhalten
des A darstellt, eine für den A ungünstige Zurechnung verwirklicht
werden wird. Das, „womit“ jemand haftet, ist stets die ihm zugehörige
Empfänglichkeit für besonderen Unwert, welcher kraft der „Haftung“
durch Zurechnung verwirklicht werden würde, da eben jemand nur mit
solcher ihm zugehöriger Unwertempfänglichkeit als „Grund“ in Haf-
tungs-Beziehung steht. „A schuldet Etwas“ heißt hingegen stets,
daß durch Erfahrung besonderer Seele von besonderen Anspruch ent-
täuschendem Verhalten des A. ein besonderer auf den A bezogener Un-
wert — ohne Zurechnung oder durch Zurechnung — verwirklicht werden
kann. „Schuld“ ist aber wieder nur eine besondere „Verantwort-
lichkeit“, als welche sich jede Lage darstellt, kraft welcher durch
Erfahrung besonderer Seele von jemandes besonderem Verhalten — ohne
einen vorangegangenen Anspruch oder wegen eines vorangegangenen
Anspruches — ein auf jenen „jemand“, den „Verantwortlichen“, be-
zogener Unwert durch Zurechnung verwirklicht werden kann. Jemandes
‚Betroffenheit von ungünstiger Zurechnungslage“ ist also entweder
„Haftung“ oder „Verantwortlichkeit“, während „Schuld“ nicht immer
eine „Betroffenheit von ungünstiger Zurechnungslage“ ist,
Erhebt nun jemand einen „Anspruch mit Ander-Haftung-
Sollen-Behauptung“, so sucht er den Anderen zu besonderen
Verhalten durch die Behauptung zu veranlassen, daß er ihm eine be-
sondere Folge des gegenteiligen Verhaltens ungünstig zurechnen