Full text: Allgemeine Gesellschaftslehre

Die Besonderheiten der Vergesellschaftungs-Werbungs-Seelenaugenblicke usw. 390 
sagt, es werde durch eine Versprechung eine Lage begründet, kraft 
welcher der Versprechungadressat nunmehr von Versprechunggeber 
das versprochene Verhalten „heischen“ („beanspruchen“) kann. Zu- 
nächst ist, wie schon gesagt wurde, das Wesen des Gegebenen „Ver- 
sprechung“ niemals durch eine Wirkung jenes Gegebenen in der Welt 
bestimmt. Abgesehen davon, „kann“ selbstverständlich jemand von 
einem Anderen besonderes Verhalten auch ohne dessen Versprechung 
beanspruchen, d. h. er kann solchen Anspruch erheben 
und mit der obigen Deutung ist auch wohl nur gemeint, es werde 
durch eine Versprechung eine Lage begründet, kraft welcher der 
Versprechungadressat nunmehr den Versprechunggeber durch An- 
spruch zu dem ‚versprochenen Verhalten veranlassen 
kann. Zweifellos gibt es aber zahlreiche Versprechungen, durch 
welche keine Pflicht des Versprechunggebers begründet wird und gibt 
es ferner zahlreiche Versprechungen, durch welche zwar eine Pflicht 
des ‘ Versprechunggebers begründet wird, trotzdem aber keine 
Verhalten-Geltungsmacht des Versprechungadressaten 
gegenüber dem Versprechunggeber begründet wird, und 
zwar deshalb nicht, weil entweder der Versprechunggeber trotz Be- 
standes seiner Pflicht zur Erfüllung der Versprechung nicht erfüllen 
will oder ein Anspruch des Versprechungadressaten auf Erfüllung der 
Versprechung infolge besonderer Umstände gar nicht in Betracht kommt. 
Leistet z. B. A dem sterbenden B die Versprechung — ein „Gelübde“ —, 
sich nach dessen Tode in besonderer Weise zu verhalten, so liegt eine 
Versprechung des A. vor, die auch wegen besonderen Gebotes Gottes 
verbindlich sein kann, aber ein Anspruch des B auf Erfüllung der Ver- 
sprechung kommt nach den Umständen gar nicht in Betracht, und es 
muß auch kein derartiger Anspruch eines Anderen in Betracht kommen, 
da außer A niemand um die Versprechung des B wissen muß. Es 
gibt ferner Versprechungen, hinsichtlich welcher ein Erfüllungs-An- 
spruch des Adressaten deshalb nicht in Betracht kommt, weil er fürchtet, 
den Versprechunggeber durch Erhebung solchen Anspruches zu be- 
leidigen, so daß dann der Versprechunggeber gerade wegen solchen 
beleidigenden Anspruches des Versprechungadressaten die Versprechung 
nicht erfüllen würde. Auch solche Versprechungen können aber selbst- 
verständlich dennoch „verbindlich“ sein, insoferne z. B. durch die Ent- 
täuschung der Versprechung besondere Unlust besonderer Seele als 
auf den Versprechunggeber bezogener Unwert verwirklicht wird. 
Schließlich kann es auch Versprechungen geben, durch welche wegen 
besonderen Anspruches des Pflicht-Anwartschaft-Begründers zwar eine 
Pflicht des Versprechunggebers begründet wird, die aber durch einen 
Erfüllungs-Anspruch des Versprechungadressaten aufgehoben wird. So 
kann etwa A zu B sagen: „Wenn Sie dem C Etwas versprechen,
	        
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