Die Besonderheiten der Vergesellschaftungs-Werbungs-Seelenaugenblicke usw. 407
Annahme-Seelenaugenblick‘“ zugehört. Jeder „Vertrag“ stellt also
eine besondere Gesellschaft zweier Seelen dar, Jeder ‚,Vertrag-
Anbot-Seelenaugenblick‘“ ist ein solcher Verhalten-Seelenaugenblick, in
welchem jemand durch besonderes Anbot um besonderes Versprechen
eines Anderen wirbt, jeder „Vertrag-Anbot-Annahme-Seelenaugenblick“
ist ein solcher Verhalten-Seelenaugenblick, in welchem jemand ein beson-
deres Vertrag-Anbot annimmt, jeder solche Verhalten-Seelenaugenblick ist
also ein „Versprechungs-Seelenaugenblick“. Da überhaupt die „Annahme“
jedes Vorschlages darin besteht, daß der Vorschlagadressat sich in
der vorgeschlagenen Weise verhält, besteht auch die „Annahme‘‘ eines
„Vertrag-Anbotes“ lediglich darin, daß der Adressat jene Versprechung
leistet, auf welche der Anbietende gezielt, hat, nicht aber etwa darin,
daß der Adressat den Anspruch erhebt, der Anbietende solle das An-
gebotene leisten oder wenigstens erklärt, jene Leistung sei von ihm
gewünscht. Jener, der einem Anderen ein Vertrag-Anbot macht, zielt
niemals darauf, daß der Adressat der Leistung des Angebotenen ‚„‚zu-
stimme‘ oder diese Leistung ‚„beanspruche‘‘, sondern darauf, daß der
Adressat seinerseits eine besondere Versprechung leiste. Das bloße
„Ja‘‘ jenes, der ein Vertrag-Anbot annimmt, bedeutet niemals, daß der
Sprecher der versprochenen Leistung zustimme, sondern ist eine ‚,Ver-
sprechung“, die sich als „Satz-Übernahme-Behauptung‘‘ darstellt. Die
Lehre von der „notwendigen Annahme einer Versprechung‘‘ ist eben
nur dadurch entstanden, daß man die ‚„,Annahme‘‘ eines „Vertrag-An-
botes‘, das allerdings stets auch eine Versprechung enthält, als ‚„,An-
nahme jener Versprechung“‘‘ deutete, welche ‚Annahme‘ man irgend-
wie als „Anspruch“ oder „Zustimmung“ bestimmte, Indes ist es klar,
daß, wenn etwa A dem B den Abschluß eines Kaufvertrages anbietet,
laut dessen A. dem B eine besondere Sache zu übergeben hätte und
B erklärt, daß er diese versprochene Übergabe der Sache „beanspruche“,
„wünsche‘, gar kein Kaufvertrag zustande kommt, da die Versprechung
des B, den besonderen Preis zu entrichten, nicht vorhanden wäre. Hat
man einmal — z. B. wegen der „Auslobung‘‘ —- die Lehre aufgegeben,
eine Versprechung binde nur dann, wenn sie „angenommen‘‘ ist, so
muß man schließlich überhaupt die Lehre aufgeben, daß es die „An-
nahme*‘‘ einer ‚„‚Versprechung‘“ gibt. Gewiß gibt es Fälle, in welchen
jemand zunächst frägt, ob eine besondere eigene Versprechung einem
Anderen wünschenswert erscheint, aber eine solche Frage, ob be-
sondere eigene Versprechung dem Gefragten wünschenswert erscheint,
ist keine Versprechung und auch kein „Anbot‘“. Sagt.z. B. A zu B,
der ihm wegen ‚,Trinkens‘“‘ Vorwürfe gemacht hat: „Also ich verspreche
Dir feierlich, nicht mehr zu trinken, einverstanden?‘‘, so zielt er selbst-
verständlich nicht darauf, zu wissen, ob B das versprochene Verhalten
„wünscht‘‘. ‚beansprucht‘ — denn solche Frage ist nach den voran-