Full text: Allgemeine Gesellschaftslehre

na 
414 VIL Kapitel, 
des gemäß der vorausgesetzten Geschäftsordnung gefaßten Beschlusses 
„auf Schluß der Debatte“, der auch über Antrag eines anderen 
Mitgliedes der Versammlung gefaßt werden könnte, durchaus belanglos, 
während durch „Vertrag“ Verbindlichkeiten. nur begründet werden, 
wenn auch ein Antragsteller eine Versprechung geleistet hat. Jener, 
der in einer Versammlung einen Antrag „auf Schluß der Debatte‘ 
stellt, sucht auch die Anwesenden niemals durch die In Aussicht- 
Stellung seines der Annahme folgenden Stillschweigens zur Annahme 
zu veranlassen, welche Versprechung, wie gesagt, ganz belanglos wäre, 
da die Anderen ihn auch ohne seine Versprechung zum Aufgeben des 
Debattierens verpflichten können, sondern er sucht die Anderen auf 
andere Weise zur Annahme seines Antrages zu veranlassen, indem er 
etwa behauptet, daß durch weiteres Debattieren kostbare Zeit verloren- 
gehen würde u. dgl. Ein solcher Antrag ist also niemals ein „Anbot“, 
weshalb auch kein „Vertrag-Anbot‘“ vorliegt, Die Annahme solchen 
Antrages ist aber auch deshalb kein Vertragabschluß, weil diese An- 
nahme keine Versprechung, vielmehr selbst einen Anspruch darstellt, 
Selbstverständlich ist aber auch ein ‚„‚Vertrag‘‘ zweier Menschen denk- 
bar, in welchem sie sich verpflichten, über eine bestimmte Angelegen- 
heit nicht mehr zu sprechen, und ein solcher Vertrag kommt dadurch 
zustande, daß jemand einen Anderen durch sein Anbot, welches die 
Versprechung enthält, über eine bestimmte Angelegenheit nicht mehr 
zu sprechen, zu einer gleichen „Versprechung“ zu veranlassen sucht, Ein 
solcher Vertrag ist aber nur möglich, wenn durch jemandes Anspruch 
vor dem ‚,Vertrage‘ eine. besondere Pflicht- Anwartschaft zweier 
Menschen begründet wurde, welche nur dadurch zu einer „Schweige- 
Pflicht“ ergänzt werden kann, daß eben beide. Menschen als Vertrag- 
schließende besondere Schweige- Versprechungen leisten. Der in 
der früher vorausgesetzten „Geschäftsordnung“ enthaltene Anspruch 
begründet jedoch eine anders ergänzbare Pflicht-Anwartschaft, da 
gemäß diesem Anspruche jeder in der Versammlung Anwesende da- 
durch zu „Schweigen‘‘ verpflichtet werden kann, daß die Mehrheit der 
Anwesenden einen „Beschluß auf Schluß der Debatte“ faßt, wobei die 
Begründung der Verpflichtung eines besonderen Anwesenden gar nicht 
davon abhängt, daß gerade er einen solchen Antrag gestellt oder eine 
‚Schweige-Versprechung“ abgegeben hat, vielmehr auch dann eintritt, 
wenn er mit „Nein“ gestimmt, also die Annahme eines bezüglichen An- 
trages abgelehnt hat, 
Als Anträge, die keine Anbote, aber mit einer Entscheidungs- 
Quasi-Frage verbunden sind, stellen sich ferner zahlreiche Anträge auf 
amtliche Behauptungen dar, z. B. der an einen staatlichen Richter 
gestellte Antrag, in einer besonderen „Streitsache“ ein besonderes 
Urteil zu fällen, welcher Antrag stets mit dem Anspruche verbunden
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.