_ Die Besonderheiten der Vergesellschaftungs-Werbungs-Seelenaugenblicke usw. 433
ich gegen Sie Klage“, oder wenn A zu B sagt: „Geben Sie das Geld
zurück, sonst erstatte ich gegen Sie die Strafanzeige!“, eine Forderung
liegt also überhaupt immer vor, wenn ein Gebieter in seiner „Ander-
Soll-Behauptung“ einen Gedanken behauptet, in dessen Gewußtem sich
ein von einem Dritten an den Adressaten gerichteter Anspruch findet.
Den in einer Forderung behaupteten anderen an den Adressaten ge-
richteten Anspruch‘ nennen wir, wie bereits in anderem Zusammen-
hange gesagt wurde, den „Grund-Anspruch“, hingegen jede „Forde-
rung“ einen „Folge-Anspruch“. Der in einer Forderung behauptete
Grund-Anspruch kann entweder eine „Bitte“ oder selbst ein „Gebot“
sein. Im ersteren Falle sprechen wir von einem „an eine Bitte an-
gelehnten Gebote“, im letzteren Falle sprechen wir von einem
„an ein Gebot angelehnten Gebote“. In einem „an eine Bitte
angelehnten Gebote“ wird behauptet, daß der Gebieter dem Adressaten
werbungwidriges Verhalten dadurch ungünstig zurechnen könne, daß
er jenem, der an den Adressaten eine Bitte gerichtet hat, die Ent-
täuschung jener Bitte zur Erfahrung bringen könne, wodurch Unlust
jenes Bitt-Stellers als ein auf den Adressaten bezogener Unwert ver-
wirklicht würde. In solchem Falle droht also der Gebieter mit einer
ungünstigen Zurechnung, die darin besteht, daß er durch tätiges Wirken
jemandes Unlust an besonderem Verhalten des Adressaten herbeiführt.
Im folgenden wollen wir uns aber lediglich mit jenen Forderungen
beschäftigen, die „an ein Gebot angelehnte Gebote“ sind,
Die eben dargelegte Unterscheidung zweier Arten von Geboten
ist von großer Wichtigkeit, Es muß allerdings bemerkt werden, daß
hinsichtlich des Gebrauches der Worte „Befehl“ und ‚„„Forderung‘‘ er-
hebliche Unsicherheit besteht und daß insbesondere das Wort ‚„Forde-
rung“ nicht selten auch im Sinne von „Anspruch schlechtweg“ ge-
braucht wird. Indes besteht einerseits das dringende Bedürfnis, jene
beide Arten von Geboten auch sprachlich klar zu unterscheiden und
werden andererseits die Worte „Befehl‘‘ und ‚Forderung‘ doch auch
häufig gerade in dem hier festgesetzten Sinne gebraucht. So werden
z. B. alle „„privatrechtlichen‘‘ Ansprüche von „Staatsuntertanen‘“ gegen
andere ‚Staatsuntertanen‘‘ „Forderungen‘“ genannt, und es wird wohl
kaum gesagt, daß ein Vertragspartner dem Anderen einen „Befehl“
erteile, seine Versprechung zu erfüllen, weil eben z. B. jener, der die
Zahlung des Kaufpreises aus einem von ihm mit einem Anderen ge-
Schlossenen Kaufvertrage beansprucht, zwar immerhin „gebietet‘‘, da er
mit Herbeiführung einer für den Anderen ungünstigen Zurechnung
droht, aber in dieser Drohung behauptet, daß er diese Macht ungünstiger
Zurechnung deshalb besitze, weil er dem Erfüllungs-Wahrer eines anderen
— vom „Staatsherrscher‘““ -— an den Anderen gerichteten Gebotes die
Enttäuschung des letzteren Gebotes zur Erfahrung bringen könne.
Sander, Alle. Gesellschaftslehre, 28