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VII. Kapitel.
Es gibt aber wieder verschiedene Arten von Forderungen: Zu-
nächst kann eine Forderung entweder eine „Forderung aus gleich
gerichtetem Gebote“ oder eine „Forderung aus ungleich
gerichtetem Gebote‘ sein. „Forderung aus gleich gerichtetem Ge-
bote‘“ nennen wir in Kürze jede Forderung, in welcher ein Wunsch
nach bzw. eine Furcht vor jenem Verhalten behauptet wird, hinsicht-
lich dessen ein Wunsch bzw. eine Furcht auch in dem an den Adres-
saten gerichteten Gebote behauptet wurde, auf welches der Fordernde
in seiner Ander-Soll-Behauptung Bezug nimmt, „Forderung aus gleich
gerichtetem Gebote‘ ist also jede Forderung, in welcher behauptet wird,
daß dem Fordernden die Macht einer für den Adressaten ungünstigen
Zurechnung deshalb zustehe, weil er dem Erfüllungs-Wahrer eines
anderen an den Adressaten gerichteten Gebotes, in welchem ihm auch
das eben geforderte Verhalten geboten wird, die Enttäuschung jenes
Grund-Gebotes zur Erfahrung bringen könne. Eine „Forderung aus
gleich gerichtetem Gebote‘ ist aber wieder entweder eine „Forderung
aus gleich gerichtetem Gebote mit Ander-Soll-Nachbegrün-
dungs-Behauptung‘‘ oder eine „Forderung aus gleich gerich-
tetem Gebote ohne Ander-Soll-Nachbegründungs-Behaup-
tung‘. Eine Forderung der ersteren Art liegt vor, wenn der Fordernde
behauptet, daß durch seine „Eigen-Wunsch- bzw. -Furcht-Behauptung‘‘
ein Sollen des Adressaten nachbegründet wurde, daß also der Fordernde
die Macht, die angedrohte für den Adressaten ungünstige Zurechnung
herbeizuführen, deshalb habe, weil gemäß dem an den Adressaten ge-
richteten Grund-Gebote die durch dieses Gebot begründete Sollen-An-
wartschaft des gegenwärtigen Forderungs-Adressaten gerade durch die
eben aufgestellte eigene Behauptung eines „Eigen-Wunsch-
bzw. -Furcht-Gedankens“ zu einem Sollen des Adressaten er-
gänzt wurde. In jeder solchen Forderung wird also behauptet, daß
der Fordernde die Macht, die dem Adressaten angedrohte ungünstige Zu-
rechnung zu veranlassen, deshalb habe, weil Erfahrung des Erfüllungs-
Wahrers des an den Adressaten gerichteten Grund-Gebotes von der Ent-
täuschung jenes Gebotes gerade nur zusammen mit seiner Erfahrung, daß
das gebotene Verhalten vom Adressaten auch gefordert wurde, die wir-
kende Bedingung für eine dem Adressaten ungünstige Zurechnung ab-
geben werde, es wird also in jeder solchen Forderung mit der Behaup-
tung des Ander-Soll-Gedankens auf ein an den Adressaten gerichtetes
„Ansprucherfüllungs- (Forderungs-Erfüllungs-). Gebot“ Bezug
genommen, Ein Beispiel einer derartigen Forderung liegt vor, wenn
etwa A auf Grund besonderer „bürgerlicher Rechtsgesetze“ von B die
Übergabe einer Ware fordert, hinsichtlich welcher zwischen ihnen ein
„Kauf auf Abruf“ vereinbart wurde, so daß die durch den Vertrag
begründete Sollen-Anwartschaft des Verkäufers erst durch „Abruf“ ge-