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VIII. Kapitel. a
selbstverständlich von ihm besonderes Verhalten, keineswegs aber
„emotional günstiges Denken“ der Folgen jenes Verhaltens beansprucht
ist. Da aber nur jener um Ander-Verhalten wirbt, der als Strebender
jenes Verhalten emotional günstig denkt — gleichgültig, ob als „Mittel-
Ziel“ oder als „Nah-Ziel“ oder auch als „Fern-Ziel“ —, kann ohne
„Fiktionen“ nicht gesagt werden, daß der zur „Anklageerhebung“ ver-
pflichtete Staatsanwalt durch eine Verhalten-Werbung seine Pflicht er-
füllt, ist also eigentlich auch das Wort „Anklage erheben“ im Sinne
von „besonderen Anspruch erheben“ nicht am Platze. Nicht anders
steht es aber in vielen anderen Fällen. Ein „Richter“ z. B. erfüllt
seine „Pflicht“ durch besondere Handlung, durch besonderes „Urteilen“
— dessen Wesen wir in späterem Zusammenhange erörtern werden —,
wobei er gewiß in unzähligen Fällen die Folgen seiner Pflichterfüllung,
etwa die durch sein „Urteilen“ bedingte Vollstreckung gegen den Ver-
urteilten entweder überhaupt nicht emotional denkt oder aber sogar
‚emotional ungünstig“ denkt, so daß er etwa denkt oder sagt: „Ich
tue nur meine Pflicht, aber die Folgen dieses Gesetzes sind geradezu
empörend“. Es kann also auch nicht davon gesprochen werden, daß
der verurteilende Richter um „Vollstreckung wirbt“, daß er einen
‚Vollstreckungs-Befehl“ erteilt, Ebenso kann der „Rechtsanwalt“ in
vielen Fällen „im Namen seines Klienten“ einen sogenannten „Antrag“
stellen, um seine Pflicht zu erfüllen, wobei er aber die Folgen seines
Mandelns im höchsten Grade emotional ungünstig denken kann. Gleich-
artige Fälle ergeben sich ferner bei sogenannten „Haft-Befehlen“, bei
sogenannten „Dienst- Befehlen“ der Vorgesetzten an die Unter-
gzebenen usw.
Wenn nun aber in allen diesen Fällen eigentlich keine Verhalten-
Werbungen vorliegen, so frägt es sich, Handlungen welcher Art
denn eigentlich solche Verhalten-Weisen darstellen. Es wäre nur „F iktion“,
etwa zu sagen, daß in solchen Fällen besondere „Verhalten-Werbung-
Übermittlungen‘‘ vorliegen, daß also der Staatsanwalt „Anträge‘““ des
Staatsherrschers, der Rechtsanwalt ‚Anträge‘ seines Klienten, der Richter
„Befehle‘“ des Staatsherrschers usw. übermittelt, denn eine Verhalten-
Werbung - Übermittlung liegt nur vor, wenn jemand von ihm wahr-
genommene Sätze eines Anderen, welche der Andere als an einen
Dritten gerichtete Verhalten-Werbung gemeint und gewollt hat, über-
mittelt. Der Staatsanwalt stellt aber in zahllosen — wenn nicht in fast
allen — Fällen sogenannte „‚Anträge‘‘, die ein besonderes gerichtliches
Verhalten zur Folge haben, welches der Staatsherrscher niemals gedacht
hat und gar nicht denken konnte, da ihm der besondere „strafwürdige‘‘
Tatbestand gar nicht bekannt war. Ebenso stellt ein Rechtsanwalt in
zahlreichen Fällen sogenannte „Anträge“, an welche sein Klient über-
haupt niemals gedacht hat, weil ihm die prozessual erforderlichen Hand-