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VIMI. Kapitel.
Mit jeder „Weisung“ werden nun zwei Gedanken geurteilt, jede
Weisung stellt also zwei Urteile bzw. ein zweifaches Urteil dar,
dessen Geurteiltes der Gedanke ist, daß besonderes Verhalten des Urteil-
Adressaten sein gemäß dem an ihn gerichteten ;,Anspruche auf durch
Dritt-Weisung bedingtes Verhalten‘ ‚„‚Gesolltes‘‘ sein werde, und
zweitens ein Urteil, dessen Geurteiltes der Gedanke ist, daß der
Redende mit seinem ersten Urteile seine Pflicht, dem Adressaten
Weisungen zu geben, erfüllen wollte, also in Weisung-Absicht
geurteilt hat. Das erste Urteil bezeichnen wir als das „Urteil über
das künftige Ander-Sollen‘, da erst mit dem vollendetem Urteile
ein Sollen des Adressaten eintritt, das zweite Urteil bezeichnen wir als
das „Urteil über die eigene Weisung-Absicht‘“. Das Wesen
des Gegebenen ‚Weisung‘ besteht eben darin, daß jemand einem
Anderen sagt, was gemäß einem an ihn gerichteten Anspruche, durch
welchen zunächst nur eine Sollen-Anwartschaft des Adressaten be-
gründet wurde, seine ‚‚Pflicht‘‘, sein „Sollen‘‘ sein wird und ihm sagt,
daß er das Erstere in Weisung-Absicht gesagt habe. „Weisung-
Seelenaugenblick‘ nennen wir jeden Verhalten-Seelenaugenblick,
in welchem jemand darauf zielt, einem Anderen eine Weisung zu
geben, „Weisen“ („Weisung geben‘) nennen wir das solchem
Verhalten-Seelenaugenblicke gegebene „eigene gegenwärtige Leisten‘‘,
„Weisenden“ (Weisunggeber‘“) nennen wir jede Seele, welcher
ein solcher Verhalten-Seelenaugenblick zugehört. „Weisungadressaten“
nennen wir jenen, an welchen eine Weisung gerichtet wurde, „Weisung-
empfänger“ nennen wir den Weisungadressaten, sobald ihm der Glaube
zugehörig geworden ist, daß an ihn eine Weisung gerichtet wurde,
„Weisung-Gläubiger‘“ nennen wir den Weisungadressaten, sobald
ihm der Gedanke zugehörig geworden ist, daß durch die ihm ge-
gebene Weisung ein eigenes Sollen begründet wurde. „Gewiesenes
Verhalten‘ nennen wir jenes Verhalten, welches in einer Weisung
als künftig Gesolltes des Adressaten beurteilt wurde, „weisung-
gemäße Ansprucherfüllung‘“ nennen wir jenes Verhalten des
Weisungadressaten, das ihm gemäß der empfangenen Weisung zuge-
hörig wurde — denn mit jenem Verhalten wird der „Anspruch auf
durch Dritt-Weisung bedingtes Verhalten“ erfüllt.
Eine Weisung kann nun zunächst wieder entweder eine „Weisung
kraft Auslegung“ oder eine „Weisung kraft Wertung‘, das
„weisen‘“ kann entweder ein „auslegendes Weisen“ oder ein
„wertendes Weisen“, der „Weisende‘ kann entweder ein „aus-
legend Weisender‘ oder ein „‚wertend Weisender‘‘ sein. Eine
„Weisung kraft Auslegung“ liegt vor, wenn in einer Weisung solcher
Gedanken an künftig ‚„„Gesolltes‘‘ des Adressaten geurteilt wird, welcher
dem Weisenden durch Auslegung einer Behauptung (oder mehrerer