Full text: Allgemeine Gesellschaftslehre

Ba 
VIII. Kapitel. 
Bedeutung, z. B. wäre in der „Allgemeinen Staatslehre“ mancher Streit 
um das Wesen des Gegebenen „Staatsorgan“ erspart geblieben, wenn 
man jene Unterscheidung beachtet hätte. 
Wie bereits bemerkt wurde, stellt das Gegebene „juristische Ver- 
tretung“ nur eine besondere Art des Gegebenen „Interesse-Vertretung“ 
dar. Als „juristische Vertretung“ wird in der Rechtslehre ein „Handeln 
für Gefahr und für Rechnung eines Anderen“ bestimmt, welche Be- 
stimmung aber meist ferner auf ein „Abgeben und Entgegennehmen 
von Erklärungen im Namen eines Anderen‘ eingeschränkt wird. 
Mit diesem „Abgeben und Entgegennehmen von Erklärungen im 
Namen eines Anderen“ sind offenbar meist besondere Ander-Behaup- 
tungs-Ausfüllungen gemeint. Betrachten wir z. B. den Fall eines 
„Prokuristen“, der als Vertreter seines „Prinzipals“ einen Vertrag ab- 
schließt, so gibt er entweder eine „Erklärung“ ab, die sich als „Aus- 
füllung“ eines ‚,Vertraganbotes“ des Prinzipals darstellt oder aber als 
„Ausfüllung“ einer „Vertraganbotannahme‘“ des Prinzipals. Denn die 
von uns betrachteten „Verhalten-Werbung-Ausfüllungen“ sind keines- 
wegs die einzigen Arten von „Ander-Behauptungs-Ausfüllungen“, viel- 
mehr gibt es noch verschiedene andere Arten von „Ander-Behauptungs- 
Ausfüllungen“, deren erschöpfende Darlegung aber nicht in den Rahmen 
einer „Allgemeinen Gesellschaftslehre“ gehört. Es muß nun allerdings 
fraglich erscheinen, ob die Bestimmung des Gegebenen „juristische Ver- 
tretung“ als „Handeln im Namen eines Anderen“ nicht insoferne unklar 
ist, als das „im Namen eines Anderen“ mit dem „im Interesse eines 
Anderen“ verwechselt wird. Schließt etwa ein Vormund „als Vertreter 
seines Mündels“ oder ein Kurator „als Vertreter eines entmündigten 
Wahnsinnigen“ einen Vertrag ab, so kann eigentlich nur gesagt werden, 
daß er „im Interesse“ des Mündels oder Entmündigten, nicht aber, daß 
er „im Namen“ des Mündels oder Entmündigten handelt, da er nicht 
vom Mündel oder Entmündigten „bevollmächtigt“ ist und keine Be- 
hauptungen des Mündels oder Entmündigten ausfüllt. Eine nähere 
Untersuchung dieser Fälle gehört freilich nicht in den Rahmen unserer 
Darlegungen. Es wird auch von einer „passiven juristischen Vertretung“ 
gesprochen, wobei man an das „Entgegennehmen von Erklärungen“ 
denkt. Der Sinn des Wortes „passiv“ (=, Wirkung erfahrend“) in solcher 
Redewendung ist allerdings höchst unklar. Denken wir z. B. an den 
„Zustellungsbevollmächtigten“, der eine an den „Machtgeber“ gerichtete 
Klage übernimmt, so liegt keineswegs ein „passives Verhalten“ des Zu- 
stellungsbevollmächtigten — etwa ein „Lassen“? — vor, vielmehr unter- 
schreibt zumindest der Zustellungsbevollmächtigte den „Zustellungs- 
schein“, da sonst von einem „Entgegennehmen“ der Klage überhaupt 
keine Rede sein könnte. Es sei aber hier nicht weiter untersucht, ob 
solche „Unterschrift“ eines Zustellungsbevollmächtigten in Wahrheit ein
	        
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